Eisenberger Details
Teil 1. Ostthüringische und einige außerthüringische Manufakturen - ... Eisenberg ...

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Bereits 1756 hat sich Matthias Eichelroth aus Gera über die zuständige Landeskammer in Altenburg um die Erreichung einer Fayence- und Porzellanmanufaktur in Eisenberg, dem Mittelpunkt des ostthüringischen »Holzlandes« bemüht. (323) Die in der Umgebung entdeckten »Erdmaterialien« und ein vielversprechender Absatz wohlfeiler Erzeugnisse im Land mochten ihn dazu ermuntert haben. Wahrscheinlich beabsichtigte er von vornherein die Herstellung von Fayence- und Steingutartikeln, doch selbst von deren Güte versprach man sich in Altenburg nicht viel. Zudem erschien der Landeskammer die geforderten »Freyheiten« ungewöhnlich, so daß die Petition abschlägig beschieden wurde. Mit einer neuerlichen Ablehnung mußte sich 1790 trotz der warmen Befürwortung durch den Eisenberger Magistrat, Georg Christian Herrmann aus dem in der Nähe gelegenen Roschütz abfinden. (324) Man erachtete seine Kenntnisse und Mittel als mangelhaft und sah in dem als Handels- und Tauschware in Aussicht genommenen Porzellan eine Schädigung der heimischen Krämerinnung. Trug sich Herrmann doch ernstlich mit der Absicht, zumindest einen Teil seiner Erzeugnisse gegen gängige Handelsware einzutauschen und damit ein florierendes Geschäft zu betreiben.
Abbildung auf der Seite 341
Bildnis Heinrich Ernst Mühlbergs (1763 bis 1826),
des Gründers der ältesten Eisenberger Porzellanfabrik
1796 nahm der Porzellanmaler und Kleinunternehmer Heinrich Ernst Mühlberg (1763-1826), ebenfalls aus Roschütz, nochmals Anlauf und hatte Erfolg. Nach dem Rückgang des Zeugmacherhandwerks war im Eisenberger Land eine zunehmende Verschlechterung der sozialen Lage der Bevölkerung zu registrieren, so daß die Ansiedlung eines neuen Industriezweigs Abhilfe und zugleich Vorteile für den Fiskus versprach. Überdies kam das vornehmlich aus Gera eingeführte Porzellan aus einem »fremden« Land.
Heinrich Ernst Mühlberg war mit der Porzellanfabrikation in Volkstedt und Gera bekannt geworden (325) und betrieb seit 1789 eine Porzellanmalerei in Roschütz. Was ihm an Vermögen fehlte, machten Tatkraft und Unternehmungsgeist wett. Kurz vor seiner Vorsprache am Altenburger Hof ersuchte er in Prag um die Konzession zur Gründung einer Porzellanfabrik im Böhmischen (326) und benutzte dieses Vorhaben, obwohl bereits gescheitert, klug mit als Druckmittel. Das am 16 . Juni 1796 für Eisenberg erteilte Privileg (327) gewährte Heinrich Ernst Mühlberg für zwölf Jahre großzügige Begünstigungen, so die Befreiung von allen Abgaben mit Ausnahme der hohen Handelssteuer. Obwohl dem Unternehmer kein Monopol für das damalige Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg zuerkannt wurde, war die Kammer späterhin doch bemüht, die Einfuhr ausländischer Porzellane einzuschränken.
Mühlberg kaufte das Wohnhaus des Wagnermeisters Merkel in der Eisenberger Altstadt an und richtete, nach baulicher Umgestaltung und Erweiterung, hier seinen Betrieb ein, der 1805 und 1810 gebäudemäßig nochmals vergrößert werden konnte. 1808 war die Massemühle am Raudenbach, beim alten Kupferhammer unweit von Eisenberg, hinzugekommen. All das spricht dafür, daß sich das Geschäft gut anließ. 1806 erwarb Mühlberg für 1000 Gulden die Konzession der beiden Brüder Döll in Altenburg zur Herstellung von Steingutwaren hinzu. (328).
So ausgiebig und vorteilhaft gelagert die Rohstoffe zunächst gepriesen wurden, hatte Mühlberg doch bald seine Nöte hinsichtlich ihrer Beschaffung. Sande, Erden und Tone wurden vornehmlich aus dem auf altenburgischem Territorium befindlichen Roschütz bezogen. Sie waren von besonderer Qualität im Bereich eines Berggrundstücks, der Pezoldsbirken, deren Eigentürmer, der Hof- und Stadtmusikus Ehwald, nach wie vor auch die Geraer Porzellanfabrik belieferte. Ein Knappwerden der so wichtigen Rohmaterialien war abzusehen. So suchte Mühlberg 1797 (329), die Kammer in Altenburg um Erlaß eines Ausfuhrverbotes besagter Erden und Töne zu bewegen. Die Landesbehörde war zwar gewillt, der heimischen Fabrik den Vorzug zu geben, vermochte aber gegen die vertraglichen Abmachungen des Geraer Unternehmens nicht anzugehen.
Die Eisenberger Fabrik wurde anfangs von Johann Anton Mühlberg, dem Bruder des Gründers, geleitet. Ende 1809 schied er gegen den Willen seines Brunders aus, um im benachbarten Friedrichstanneck »für eigene Rechnung bereits gefertigtes weißes Porzellan, von welcher Faxcon und Fabrik es übrigens sey mit Malerey, Vergildung und anderer Staffirung zu versehen.« (330) So wiederholte sich also, was uns von anderen Manufakturen her bekannt ist und sich gewiß nicht immer zu deren Nutzen auswirkte. In Roschütz hatte bereits auch der Porzellanmaler Tobias Albert das notwendige Kapital zur Gründung der Fabrik in Pößneck (1800) zusammengebracht, 1802 war ihm Carl Friedrich Hummel dorthin gefolgt. In Ronneburg betätigte sich Johann Michael Auerbach als vielbeschäftigter Stummelmaler. Und hier wurde auch seit 1820 von Johann Christian Hofmann und seinem Sohn Johann Heinrich Gottlieb Hofmann der Porzellandruck »statt des zeitverderblichen Mahlens« angewandt. (331).
In der Eisenberger Fabrik setzt nun offenkundig ein unaufhaltsamer Rückgang ein. Negativ wirkte sich insbesondere das preußische Zollsystem vom Jahre 1818 aus, das den Absatz der Waren merklich beeinträchtigte und auch für andere thüringische Porzellanfabriken Krisen heraufbeschwor. Beschäftigte man in Eisenberg 1818 noch 20 Maler und zehn Dreher und brannte wöchentlich noch ein- bis zweimal, so waren es im folgenden Jahr nur noch ein Maler, drei Dreher und vier Tagelöhner - gebrannt werden konnte alle sechs Wochen nur noch einmal! (332) In eine ähnliche Lage war übrigens auch das von Brandensteinsche Unternehmen in Roschütz gekommen, das nach Croßen, auf preußisches Gebiet, verlegt wurde.
Bald darauf, 1826, verstarb Heinrich Ernst Mühlberg. Seine Gattin Emilie, eine geborene von Schütz, verstand es jedoch, die Fabrik, in der die Porzellanproduktion zum Erliegen gekommen war, wieder in Gang zu bringen, ja 1829 konnte eine neue Massemühle gebaut werden. An der allgemeinen wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung nach Gründung des Deutschen Zollvereins 1833/34 hatte die Eisenberger Porzellanfabrik offensichtlich auch Anteil.
Mit der Inbetriebnahme verbesserter Brennöfen und der Einfuhr böhmischen Kaolins sind Produktion und Güte erhöht worden. Die Eisenberger Erzeugnisse, die bekannte und gefragte Modelle auswärtiger Manufakturen, darunter das Meißner Zwiebelmuster nachahmten, genossen Ansehen. Es erfolgte die Hinwendung zum »Blauzeug« eine Orientierung, die bis in die Gegenwart hinein den Charakter des Eisenberger Porzellans weitgehend bestimmt.
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Abbildung auf der Seite 30
Das Malerpersonal der Firma Mühlenfeld
in Eisenberg im Jahr 1896
Nach dem Tod der Witwe Heinrich Ernst Mühlbergs (1845) vermochte ihr naturwissenschaftlich gut ausgebildeter Sohn Karl Mühlberg ein neues Privileg zu erlangen. (333) Allein, neuerliche wirtschaftliche Schwierigkeiten, wohl begründet in der in Ostthüringen inzwischen verstärkt aufkommenden Konkurrenz, veranlaßten Mühlberg schon 1847, um einen zeitlich begrenzten Erlaß der jährlichen Abgaben (Canon) und eine einmalige Unterstützung durch die Kammerhaupt- und Steuerkasse nachzusuchen. Das Unternehmen, aus dem Karl Mühlberg ausschied, wurde durch Hermann Schulz weitergeführt und mußte nach Aufnahme eines Darlehns im März 1856 wiederum zeitweilig stillgelegt werden. 1864 jedoch zählte der von Schulz geleitete Betrieb bereits wieder 45 Beschäftigte und exportierte Porzellan- und Steingut­waren nach Frankreich, Schweden und Dänemark.
Die Eisenberger Porzellanfabrik produzierte anfangs eine dem Geraer Unternehmen verwandte Ware, ab 1806 auch Steingut in der Art der Altenburger Keramik. Form, Auf­fassung und Ausführung verleihen den Erzeugnissen einen mehr oder weniger provinziellen Anstrich. Dem Geschmack der Zeit folgend wurden im frühen 19. Jahrhundert - das erste Jahrzehnt gilt als eine Blütezeit der Manufaktur in dieser Periode - zylindrische Formen mit teilweise noch geschwungenen Henkeln und Schnabelausgüssen bevorzugt. Den Dekor bildet meist eine recht rustikale, farbenfrohe Blumen-, eine gefällige Blaublümchen- und eine anspruchsvollere schwarzlotartige Malerei mit Ruinen- und Friedhofslandschaften (Abb. 307). Die Kenntnis bestimmter Ziermotive, etwas stilisierter pfeilartiger Blattbordüren, die teilweise den Erzeugnissen auch anderer ostthüringischer Porzellanmanufakturen eigen sind, erleichtert die Zuordnung.
Abbildung auf der Seite 343
Die Porzellanfabrik von Julius Schmeisser in Eisenberg,
nach dem Titelblatt eines Musterkataloges aus dem späten 19. Jht.
Als Bodenzeichen des alten und älteren Eisenberger Porzellans ist, wohl noch unter Hermann Schulz in den fünfziger und sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts, ein geschwungenes »E«, teilweise mit nachgesetztem Pünktchen, gebräuchlich. Es wird meistens in Blau unter und in Schwarz, Braun, Purpur auf der Glasur angebracht. Selbstverständlich sind, wie auch bei anderen Manufakturen, nicht alle Erzeugnisse gemarkt worden.
1865 übernahm der Roschützer Porzellanindustrielle Friedrich August Reinecke den Betrieb, Paul Reinecke vereinigte ihn 1960 mit der 1867 gegründeten Porzellanfabrik Wilhelm Jäger in Eisen­berg. Aus dem Unternehmen ging der VEB Vereinigte Kunstpor­zellanwerke Eisenberg hervor, der die Marke »Fortuna« (Kleeblatt) führte und heute dem VEB Vereinigte Porzellanwerke Kahla angehört.
Die Kleinstadt Eisenberg war bereits in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts ein ausgesprochener Porzellanarbeiter­ort. Um 1900 hatten sich nicht weniger als sechs Porzellanfabriken etabliert und gaben ca. 800 Personen Arbeit. (334) 1865 war die Firma Schulze & Co., 1869 die Firma Kunze gegründet worden (335), zu Beginn der siebziger Jahre kamen die Firmen Julius Schmeisser und Mehlhorn (336) hinzu, beide mit je rund 30 Beschäftigten. 1890, nach zwei Jahren, wurde aus der Steingutfabrik Geyer & Koerbitz ebenfalls eine Porzellanfabrik. Der Firma E.Mühlenfeld folgte 1895 die Firma Bremer & Schmidt, die sich hauptsächlich auf Exportware verlegte und die Herstellung farbenvoll und kostbar dekorierter Mokka-Geschirre, Gedecke und Sammeltassen in barocker bzw. klassizistischer Form bevorzugte. Die letzte Gründung erfolgte 1900 mit der von Köln-Kalk nach Eisenberg verlegten Porzellanfabrik Kalk GmbH, in der die Firma Geyer, Koerbitz & Co. aufging. Zu Spezialitäten der Eisenberger Porzelliner wurden frühzeitig schon volkstümliche Geschirre mit dem Stroh- und Zwiebelmuster in Kobalt und Indischblau sowie ein edles, Werkstoff und Form unverfälscht zur Geltung bringendes Weißporzellan.
Abbildung auf der Seite 344

Titelblatt eines Musterkatalogs der Firma
E. Mühlenfeld in Eisenberg mit Seiten aus demselben, um 1910

Abbildung auf der Seite 345
 
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Zum VEB Vereinigte Porzellanwerke Kahla gehört, wie kurz schon erwähnt, auch der VEB Porzellanwerk Eisenberg, vormals Firma Jäger. Der bekannte Eisenberger Strohhalmdekor, eine für Thüringen eigenständig gewordene Kobaltdekoration (»Blau Saks«) erfreut sich gleich dem in der Betriebsstätte Triptis gefertigten Zwiebelmuster im In- und Ausland nach wie vor großer Beliebtheit.
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323) Vgl. W. Stieda, a.a.O. [Die Anfänge der Porzellanfabrikation auf dem Thüringerwalde], S. 370.
324) Ebd., S. 371.
325) Vgl. W. Stieda, Die Porzellanfabrik zu Volksted, S. 69.
326) Ders., Die Anfänge der Porzellanfabrikation auf dem Thüringerwalde, S. 373; O. Weber, Die Entstehung der Porzellan- und Steingut-Industrie in Böhmen, 1894, S. 74/75.
327) Veröffentlicht von W. Stieda, a.a.O., S 377/78.
328) Am 11.8.1806 erworben; es ist bemerkenswert, daß die 1794 durch die Landesregierung in Altenburg erteilte Genehmigung seit 1796 die Herstellung von echtem Porzellan einbezog.
329) Am 12.2.1797; vgl. W. Stieda, a.a.O., S. 374.
330) Ebd., S. 375.
331) Ebd., S. 375. Der auch als »transferprinting« bekannte Druckdekor (von gravierten Metallplatten auf dünnes Papier oder andere Bildträger abgenommene farbeige Abzüge werden auf Porzellan- bzw. Keramikerzeugnisse abgedruckt) wurde schon um 1753 in der englischen Manufaktur Battersea von John Brooks angewandt. Vgl. dazu H. Jedding, Europäisches Porzellan, Bd. I., S. II/49.
332) Vgl. W. Stieda, a.a.O., S. 376.
333) Vgl. W. Querfeldt, Die Anfänge der Porzellanindustrie in der Stadt Eisenberg. S. 58.
334) Vgl. Geschichte der Porzellanfabrik Kalk in Eisenberg, Jubiläumsschrift des Werks, S. 9; weitere Angaben verdankt der Verfasser Herrn R. Bäger, Museumsleiter in Eisenberg, Schloß Friedrichstanneck (Schriftwechsel vom Dez. 1975).
335) Gustav W. Kunze beschäftigte anfangs, um einen Vergleich auch zu anderen örtlichen Betrieben zu geben, etwa 40 Personen in der Fabrik und als Heimarbeiter. Hergestellt wurden vorwiegend wohlfeiles Gebrauchsgeschirr und Blumentöpfe. Das Unternehmen, in der Zwischenezit von Friedrich Kraft übernommen, stellte 1926 die Produktion ein.
336) Sein Unternehmen gelangte zu Beginn der 80er Jahre in die Hände des späteren Kommerzienrates Mühlenfeld und verschmolz mit der Porzellanfabrik Wilhelm Jäger.

Literaturquellen

W. Stieda (1902): Die Anfänge der Porzellanfabrikation auf dem Thüringerwalde.
W. Stieda (19..): Die Porzellanfabrik zu Volksted.
W. Querfeldt (1956): Die Anfänge der Porzellanindustrie in der Stadt Eisenberg.
Geschichte der Porzellanfabrik Kalk in Eisenberg, Jubiläumsschrift des Werks (1950).
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Die Eisenberger Porzellanmarken und mehr Bilder aus dem Buch

Quelle:
Scherf, Helmut und Karpinski, Jürgen (1980): Thüringer Porzellan unter besonderer Berücksichtigung der Erzeugnisse des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Seiten ;

Rechtschreibung und etwas eigenwillige Wortformen wurden aus dem Original 1:1 übernommen.

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