Hintergrund: 1933 - 1945 • Deutsche Arbeitsfront (DAF) • Kantinenporzellan des Amts Schönheit der Arbeit

Geschichtliches

Am 28.11.1933, nur einen Tag nach der Gründung des ›Amts Schönheit der Arbeit‹ (gegründet am 27.11.1933) durch die Deutsche Arbeitsfront (DAF : NS-ideologiekonforme Ersatzinstitution der Gewerkschaften, gegründet am 10.05.1933), wurde es in die Gemeinschaft ›Kraft durch Freude‹ (KdF; gegründet am 27.11.1933) eingegliedert.
Emblem war eine stilisierte Sonnenscheibe mit 14 Strahlen - leicht zu verwechseln mit einem Zahnrad - und mittig einem Hakenkreuz.
Die Geschirrformen der DAF wurde auch noch einige Zeit nach Ende des II. Weltkrieges verwendet.

Geschirr der DAF

Bezugsberechtigt für Amt-Geschirr waren nur Betriebe mit Anschluss an die DAF; eine Bezugspflicht bestand allerdings nicht. Dies spiegelt sich in den anfänglich niedrigen Verkaufszahlen wieder. Erst nach Kriegsbeginn wurde vermehrt DAF-Geschirr von Porzellanhändlern bezogen - wahrscheinlich, weil es einfacher war dieses als anderes Kantinenporzellan zu erhalten. Die damals verpflichteten Porzellanhersteller dagegen waren mit Belegung einer Konventionalstrafe bei Verweigerung verpflichtet, dieses Geschirr herzustellen.
Ausdrücklich nicht gestattet war eine Dekoration/Verwendung in fremden Betrieben.

Lieferbedingungen

Die Lieferbedingungen gelten für handelsübliche Ware I./IV. Wahl. Die Dekoration wird in Unterglasur oder Aufglasur mit säurebeständigen Farben vorgenommen. Bei Unterglasurgeschirren müssen geringfügige Abweichungen in Farbe und Dekor, sowie Geschirre mit kleinen Fehlern zu gleichen Preisen mit abgenommen werden. Ebenso sind kleinere Über- oder Unterlieferungen, die im Rahmen zur Gesamtlieferung stehen, bei Unterglasurgeschirren nicht zu vermeiden.1

Die Dekore

Zeitnah definiert wurden Dekore aus einer bis drei Linien mit unterschiedlichen Farben, jedoch häufiger einfarbig, meist am Rand respektive randnah, oft auch mit gleichfarbigem Firmenemblem, aber auch mit einfarbiger/vielfarbiger Blütenborte oder bunten Blümchen. Vgl.: Liniendekore von Herman Gretsch.
Die Dekoration erfolgte durch die Geschirrteile herstellende Porzellanfabrik (PF). Firmennamen waren wiederholt in Süterlin geschrieben.
Unterglasurdekore (dunkelblau oder dunkelgrün) sind vor allem von der PF Krister (Waldenburg) und PF C.Tielsch (Altwasser) bekannt.
Stichkosten: Wenn weniger als 300 Stück Geschirre mit Vignette bestellt werden, werden Stichkosten berechnet. Die Stichkosten betragen meistens RM. 6,— bis RM. 10,—, je nach Schwierigkeit und Größe der Vignette. Die Stichkosten werden zurückvergütet, wenn durch Nachbestellung die genannte Menge erreicht ist.1

Die Formen

Kantinengeschirr aus Porzellan für die DAF wurde 1935 im Stil der Bauhausidee gestaltet. Es gab vier verschiedene Formenmodelle (I - IV), welche von ausgewählten Porzellanfabriken hergestellt wurden. Darüberhinaus wurde auch noch Keramik-Geschirr mit weiteren Formen hergestellt.
Designer von Modell I (1937) und II (1939) war Heinrich (Heinz) Löffelhardt (* 24.12.1901, + 22.05.1979). Die PF Bauscher (Weiden) war aufgrund der Fertigungserfahrungen und Patente (z.B. Deckelhalterung) führend bei der Umsetzung. Modell II ist feiner und leichter gestaltet, der Rand vom Flachgeschirr wulstlos.
Die Modelle III (ca. Mitte 1939, PF Bauscher/Weiden) und IV (August 1941, PF Tirschenreuth) sind als eine Weiterentwicklung aufgrund der mehrjährigen Erfahrung zu sehen. So wurden bewährte Formen optimiert, dass sie sich leichter reinigen lassen. Das Nachtropfen bei den Ausgießern wurde reduziert. So flossen in Modell III ein: Modell I, Wolfgang von Wersin 1942 für Bauscher gestaltetes Hotelgeschirr ›Form Europa‹, Hermann Gretsch ausgeformtes Geschirr ›Reichsschulungsburgen‹. Modell IV - vorgesehen als Nachfolger von Modell II (ursprünglich intern als Modell II neu bezeichnet) - entworfen von der PF Tirschenreuth umfasste dabei nur 8 geänderte Formen.
Die Modelle unterschieden sich insbesondere bei den Hohlgeschirren. Bei den Flachgeschirren sind Modell I + III fast gleich genau wie die Modelle II + IV.
In ›Deutsche Warenkunde‹ werden Modell I + II vorgestellt auf den Blättern der WARENGRUPPE 01/07:

und der WARENGRUPPE 02/01:
.
An Geschirrteilen ausgeformt waren (alle):
Geschirrform:    I   II  III  IV andere      I   II  III  IV andere
  Modellvarianz   Größen: Volumen oder Durchmesser/größte Breite/Höhe
Kaffeekanne, mit gewöhnlicher Schnaupe 5 -         3,00 l. 2,00 l. 1,25 l. 0,80 l. 0,40 l -      
Kaffeekanne, mit nichttropfender Schnaupe 3 -         2,00 l. 1,00 l. 0,40 l -      
Kaffeekanne, mit langer Tülle - 2 - 1,8 l. 0,40 l
Teekanne, mit gewöhnlicher Schnaupe 5 -         3,00 l. 2,00 l. 1,25 l. 0,80 l. 0,40 l -      
Teekanne, mit nichttropfender Schnaupe 3 -         2,00 l. 1,00 l. 0,40 l -      
Teekanne, mit langer Tülle - 2 - 1,6 l. 0,45 l
Milchkännchen, mit gewöhnlicher Schnaupe 4 -         0,75 l. 0,25 l. 0,07 l. 0,035 l -      
Milchkännchen, mit nichttropfender Schnaupe 2 -         0,75 l. 0,25 l -      
Milchgießer, hoch - 1         - 0,50 l      
Milchgießer, niedrig - 1         - 0,35 l      
Milchgießer, Portion - 1         - 0,07 l      
Kannenuntersatz 1 1         18 cm 17,5 cm      
Zuckerdose mit Deckel 1 1         0,35 l 0,35 l      
Zuckerschale 1 1         8 cm 8 cm      
Terrine mit Deckel 6 1         4,00 l. 2,65 l. 1,65 l. 1,25 l. 1,00 l. 0,75 l 3 l      
Ragoutschüssel - 1         - 1,5 l      
Salat, rund 2 2         29 cm. 22,5 cm 28 cm. 21,5 cm      
Sauciere, rund, mit Untersatz 1 -         0,50 l -      
Sauciere, mit Untersatz - 1         - 0,45 l      
Platte, rund, flach - 1         - 32 cm      
Platte, rund, tief - 1         - 32 cm      
Platte, oval 3 4         40 cm. 32 cm. 25,5 cm 45 cm. 40 cm. 32 cm. 25,5 cm      
Platte, rund, dreigeteilt 1 -         27 cm -      
Tortenplatte - 1         ? 32,5 cm      
Salzstreuer, 2-teilig m. Kork 1 1         - -      
Pfefferstreuer, 2-teilig m. Kork 1 1         - -      
Senfgefäß, DRP Bauscher 1 1         - -      
Marmeladendose 1 1         0,35 l 0,35 l      
Vase, schlank 2 -         26 cm. 15 cm hoch -      
Vase, gedrückt 2 -         18 cm. 10,5 cm hoch -      
Vase, halbhoch - 2         - 25,5 cm. 10 cm hoch      
Vase, hoch - 1         - 17 cm hoch      
Aschenbecher, rund mit Auflage 1 1         - -      
Butterschale - -         - -      
Teller, tief 1 1         23,5 cm 24,5 cm      
Teller, flach 4 2         23,5 cm. 21 cm. 19 cm. 15 cm 24,5 cm. 19 cm      
Eintopfteller, tief 1 -         24,5 cm -      
(Kaffee-)Obertasse 2 1         0,25 l. 0,19 l 0,20 l      
Untertasse 2 1         15 cm 15 cm      
Kompottschälchen 2 1         17 cm. 13 cm 16 cm      
Becher mit Henkel 1 -         0,33 l -      
Milchbecher ohne Henkel 1 1         0,35 l 0,30 l      
Eierbecher mit Untersatz 1 1         - -      
Eierbecher ohne Untersatz - -         - -      
Essnapf 1 -         21 cm -      
Die Tabelle ist unvollständig. Die Daten von Modell I und II entstammen2
- bedeutet in den Spalten zur Modellvarianz: nicht Teil des Formensettings.
Leere Zelle bedeutet, es liegen keine Daten vor.
 

Herstellende Porzellanfabriken

Gau ▼ Ort ▼ Porzellanfabrik ▼    I ▼   II ▼  III ▼  IV ▼   Y ▼ >1945 ▼
  Form-Modell  
Bayerische Ostmark Hohenberg PF Hutschenreuther 👁 X        
Bayerische Ostmark Kirchenlamitz PF Rudolf Wächter            
Bayerische Ostmark Kronach PF Rosenthal 👁 X          
Bayerische Ostmark Marktredwitz PF Jaeger & Co. 👁   X      
Bayerische Ostmark Schönwald PF Alt-Schönwald 👁 U X        
Bayerische Ostmark Selb PF Heinrich & Co. 👁 X          
Bayerische Ostmark Selb PF Hutschenreuther 👁 X ?        
Bayerische Ostmark Selb PF Rosenthal 👁 x X      
Bayerische Ostmark Selb PF Rosenthal, Bahnhof Selb 👁       x    
Bayerische Ostmark Tirschenreuth PF Tirschenreuth 👁 x X   X    
Bayerische Ostmark Weiden PF Bauscher, Weiden 👁 X   X    
Bayerische Ostmark Windischeschenbach PF Oscar Schaller & Co. 👁 x          
Sachsen Oberhohendorf PF Kaestner, Saxonia 👁   X        
Schlesien Königszelt PF Königszelt 👁 X          
Schlesien Waldenburg PF Krister (KPM) 👁 Xi          
Schlesien Waldenburg PF Tielsch, C., Altwasser 👁 X          
Sudetengau Grünlas PF R. Kämpf 👁     X      
Sudetengau Klösterle PF Thun 👁     X      
Sudetengau Neurohlau PF Bohemia 👁     X      
Sudetengau Schlackenwerth PF Josef Pfeiffer 👁     X      
Sudetengau Schlaggenwald PF Haas & Czjzek AG 👁     X      
Thüringen Ilmenau Ilmenauer PF Graf Henneberg 👁 X          
Thüringen Stadtlengsfeld PF Felda (Rhön) 👁 X        
Die Tabelle ist derzeit als unvollständig und evtl. noch fehlerbehaftet anzusehen.
Erläuterung zur Tabelle:
PF
bedeutet Porzellanfabrik.
👁
signalisiert einen Link auf den Firmeneintrag des Adressbuchs der Keramindustrie (1941), 21. Auflage.
X
X-gekennzeichnete PF waren die anfangs beauftragten
x
x-gekennzeichnete PF später eingebundene.
U
(unlabeled) steht für bekannte Ausformungen verschiedener, hier nicht näher benannter Geschirrformen, welche den Amtsvorgaben entsprechen, jedoch keine Amtsmarkung tragen.
Y
Y-Spalte: obwohl die Vorgaben zum Geschirr durch die DAF kontrolliert wurden, könnte es auch andere Geschirrteile mit Amts-Markung geben; bis zur sicheren Klärung daher diese Zusatzspalte.
?
bedeutet noch nicht geklärt.
i
Leicht geänderte Form: Kannentülle mit Tropfenfänger.
Trifft zu.
 
 

Bekannte Porzellanmarken

Das Amt-Gütezeichen wurde bei allen Geschirrteilen auf der Geschirrunterseite und normalerweise unter der Glasur in grün, schwarz oder blau direkt unter oder über der herstellereigenen Porzellanmarke gestempelt: Das Kantinengeschirr ist für die Deutsche Arbeitsfront geschützt. Sämtliche Geschirre tragen neben der Fabrikmarke das Gütezeichen des Amtes für Schönheit der Arbeit.2
Eine Jahreszahl wurde nicht gestempelt. Eine Identifizierung zum Herstellungsjahr ist teilweise dennoch möglich, da einige Porzellanfabriken einen Jahrescode zur firmeneigenen Porzellanmarke platziert hatten.
Emblem vom Amt Schönheit der Arbeit auf Porzellan
Gelegentlich findet sich Porzellan mit weiteren behördlichen Kennzeichnungen wie Reichsarbeitsdienst, R.A.D., Wehrmachtsadler, Kriegsmarineadler, Luftwaffenadler oder auch SS. Dies erklärt sich beispielsweise durch den Bezug von DAF-Geschirr durch Ausbildungsstätten wie Offizierschulen.
Geschirr der DAF trägt eine eigene Marke (z.B. in rot und in Frakturschrift): Eigentum der Deutschen Arbeitsfront.
Emblem vom Amt Schönheit der Arbeit auf Porzellan
 

Nach dem II. Weltkrieg

In der US-Besatzungszone wurde das DAF-Kantinengeschirr teils bis etwa 1949 weiter hergestellt. Anders im Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone: Hier wurde von der Porzellanfabrik Stadtlengsfeld (Stadtlengsfeld / Rhön) noch Ende der 1950er Jahre dieses Geschirr (Modell I) als Hotelporzellan »Form 545« angeboten3.

Exkurs: DAF-Kennzeichen auf Nicht-DAF-Geschirr

  • DAF-Logo (sichtseitig), rot, unter der Glasur 👁
    Weiden (Bayerische Ostmark), Bauscher.
  • Seladongrüne Linie
    Waldenburg (Schlesien), Carl Tielsch, 41 U1120 Echt Unterglasur DAF 👁

Eine stete Verbesserung

... dieser Seite wird angestrebt. Wer Unterlagen in Form von Bilddateien zu DAF-Geschirr hat und an einer Verbesserung dieser Seite mitwirken will, kann diese gerne per eMail - daf-amtgeschirr@porzellanfieber.de - zusenden.
 

Quellennachweis/Zitation

Quelle

1 Werbeblatt der PF Bauscher/Weiden, ca. 1938.
2 Deutsche Warenkunde (1939/1940): 853 - 857, 1308, 1336 - 1341.
3 Katalog der Vereinigung volkseigener Betriebe (Z) Keramik MEISSEN, ca. 1960.
Markenbild: Eigenes Archiv.

www Bitte beachten: Keine Haftung für Inhalte fremder Internetseiten

https://www.gastroporzantik.de/forum/index.php?thread/1445-mda-sch%C3%B6nheit-der-arbeit-die-hersteller/ Bitte beachten: Keine Haftung für Inhalte fremder Internetseiten
https://www.gastroporzantik.de/forum/index.php?thread/1105-d-a-f-deutsche-arbeitsfront/ Bitte beachten: Keine Haftung für Inhalte fremder Internetseiten
https://design20.eu/2012/modelle-des-amtes-schoenheit-der-arbeit-i-ii-iii-iv/ Bitte beachten: Keine Haftung für Inhalte fremder Internetseiten
https://de.wikipedia.org/wiki/Amt_Sch%C3%B6nheit_der_Arbeit Bitte beachten: Keine Haftung für Inhalte fremder Internetseiten
https://de.wikipedia.org/wiki/Kraft_durch_Freude Bitte beachten: Keine Haftung für Inhalte fremder Internetseiten
https://de.wikipedia.org/wiki/NS-Ordensburg Bitte beachten: Keine Haftung für Inhalte fremder Internetseiten
https://de.wikipedia.org/wiki/Gauf%C3%BChrerschule Bitte beachten: Keine Haftung für Inhalte fremder Internetseiten
https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Gretsch Bitte beachten: Keine Haftung für Inhalte fremder Internetseiten
 

Zitation

 
 
 
©  2022  – 
by Günther Schleu
Zuletzt aktualisiert:
Hier abgebildete Geschirrteile und Firmen­unterlagen stehen derzeit nicht zum Verkauf oder Tausch.