Hintergrund • Wert-Preis-Tool

Gibt es eine einfache Formel für die Wert-/Preisberechnung?

Vielleicht ist es naiv, aber ja, tatsächlich gibt es eine Methode für eine schnelle Wert-/Preiseinschätzung von Porzellan, welches in großer Serie oder als Massenware hergestellt worden ist, die recht gut funktioniert. Hier die dazugehörenden Eigenschaften für die Bewertung:
  • Hersteller (Renommee),
  • Alter,
  • Zustand,
  • Nachfrage,
  • Maße der Form.
Mit diesen Zutaten lässt sich durchaus eine Wert-/Preiseinschätzung durchführen.
  • Renommee: Der Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad eines Porzellanherstellers gibt oftmals den Preisbereich vor. Die berühmtesten Hersteller sind die Porzellanmanufaktur in Meissen, KPM in Berlin, die Porzellanmanufaktur Nymphenburg oder die Porzellanmanufaktur Allach und ähnliche Firmen. Die Porzellanfabrik Rosenthal in Selb oder vergleichbare Hersteller bilden eine zweite Gruppe. Eisenberger Porzellanfirmen schaffte nur in ihrer Bestphase für wenige Jahre ein hohes Niveau, lag sonst aber über dem Niveau von Massenwarenherstellern wie beispielsweise die Porzellanfabrik Kahla.
    Stete Bedingung ist, dass die Porzellanscherben immer auch das Markenzeichen (Porzellanmarke) des Herstellers tragen müssen.
  • Das Alter des Porzellans ist oftmals auch ein gleichzeitiger Hinweis auf die Häufigkeit. Vor 1870 wurde Porzellan nicht industriell hergestellt und damit gibt es Massenware erst ab 1870. Tatsächlich ist relativ viel altes Porzellan in Sammlungen vorhanden – die tatsächlich existierende Menge ist nur unbekannt. Seit Jahren nehmen die Angebote (in Richtung Überangebot) an altem Porzellan deutlich zu – und der Preis fällt entsprechend.
  • Der Zustand eines Porzellanstückes ist für die Wert-/Preisbestimmung wesentlich.
    Leichte oder deutlich sichtbare Gebrauchsspuren oder sichtbare Schäden ist meist die korrekte Wortwahl für die Zustandsbeschreibung bei gebrauchtem und »gefühlt unbeschädigtem« Gebrauchsporzellanen. Sichtbare Gebrauchsspuren oder schlimmer Schäden können sein:
    • herstellungsbedingt: sichtbare Unförmigkeit/Verformung, abgesenkter Spiegel, Glasurlücken, Brandriss, Brandfleck, Verfärbungen u.a.
    • handhabungsbedingt: Dekorabrieb, Dekorausbleichung, Kratzer, Flohbisse o.ä.
    Bei noch deutlicheren Handbabungsschaden, namentlich Abplatzer (Chip), Glasurspinne, Sprung, starker Glasurabrieb oder Glasurbrand, ist das Teil nur noch als Belegstück geeignet und erzielt kaum noch einen zweistelligen Preis. In mehrere Teile zerbrochenes Porzellan ist an sich nichts wert, auch wenn das Puzzle vollständig sein sollte.
    Völlig intakte und unbeputzte Stücke sind deutlich begehrter als beschädigte, aber auch viel seltener. Kratzer in der Glasur (durch Messer oder Gabel) oder Glasurabrieb (durch Löffel) sind mindestens als Gebrauchsspur oder sogar als Schäden zu werten. Ob der Schaden bereits der Produktion entstand oder erst später ist nur gering bedeutend: Schaden ist Schaden.
    Die Zustandsbenennung ist sehr strikt anzuwenden und nicht ›wohlwollend positiv‹. Vorzüglich gilt nur für echt vitrinenverwahrtes Porzellan mit nachweislicher Qualitätsstufe ›Sonderklasse‹ und ohne reinigungsbedingte Spuren. Gut gilt nur bei Neuware in normaler Sortierqualität. Allerdings sind für einen Laien normale Sortierqualität und Porzellan mit kleinen Fehlern meist nicht unterscheidbar und Service wurden normalerweise nur in gemischter Qualität (II. bis IV. Wahl) ausgeliefert! Vgl. Eintrag im Glossar zur Sortierung – alternativ können für Eisenberger Porzellan auch die im Glossar genannten Preisklassen für eine Wertefindung angewendet werden.
  • Die vermutete Nachfrage bedeutet, den Markt einschätzen zu können, wie viele Nachfrager derzeit am Markt agieren bei zeitgleich vorhandenem Angebot. Dabei hilfreich sind bereits existierende Vergleichsangebote am Markt, insbesondere wenn ein Bietverlauf verfügbar ist.
    Bei der Einschätzungsstufe ›devotionalistisch‹ ist teils ein noch höherer Preis durch den Nachfrageüberhang ansetzbar.
  • Das Formmaß ist ein wichtiger Faktor; für Serien-/Massenware (Teile von Kaffee-/Tee-Service, Speiseservice o.ä. also klassisches Tischgeschirr; nicht für Nippes) gilt pro cm Maß 0,10 EUR summiert wie folgt:
    Maße immer in cm und immer gerundet.
    • Flachgeschirr (zB. Kuchenplatte, Teller, ovale/runde Servierplatte, Tablett, Untertasse, usw.):
      Durchmesser oder maximale Weite.
    • Schalen (zB. Becher, Eierbecher, Krug, Milchgießer, Sauciere, Schüssel, Tasse, Zuckerdose mit Deckel, Vase):
      Höhe + oberer Schalendurchmesser + Standfußdurchmesser;
    • in cm: + + .
    • Eine Tasse mit Untertasse stellt hier eine Besonderheit dar. Beides gilt als Einheit, wenn Tasse und Untertasse von der gleichen Firma, dem gleichen Formmodell und dem gleichen Dekor sind (und nur dann!) und vor 1946 hergestellt.
      Gesamthöhe + Gesamthöhe + Untertassendurchmesser + Standfußdurchmesser der Untertasse;
    • in cm: + + + .
    • Hohlgeschirr mit Deckel (zB. Deckelvase, Kanne, Salzstreuer, Terrine mit Deckel):
      Gesamthöhe + Gesamthöhe + maximaler Gefäßkörperdurchmesser + Standfußdurchmesser (Maße ohne Henkel/Tülle);
    • in cm: + + + .
    Kleinserien, Einzelstücke oder auch sehr begehrte Porzellanware hat seine eigenen Regeln und lässt sich kaum pauschalisieren: Gutes Beispiel ist hier der Bereich des Zierporzellans (Nippes) wie Porzellanfiguren oder Porzellanmedaillen/-plaketten.

Wie jetzt, soll ich das ausrechnen?

Nachfolgend ist ein Kalkulationstool mit dem sich grob der »Wert« bestimmen lässt; alle Felder sind Pflichtfelder:
Wert-Preis-Tool (hier immer die neueste Version)
Die Verwendung geschieht auf eigenes Risiko und ohne Gewähr
 
Kategorien
Faktor
Bewertungsstufen/Dimension
cm
8,0
4,0
2,0
1,0
16
11
8,0
4,0
2,0
1,0
0,7
5,6
3,2
1,3
0,7
0,1
8,0
4,0
2,0
1,0
0,5
Ergebnis:
 
      
 
© 2023 by Günther Schleu. • Stand: 1.8.2023
Hinweise zum Tool:
  • Details zu den Kategorien finden sich im Text oberhalb und sind strikt anzuwenden: Abwägungen zum Zustand „nur ein Kratzer, sonst perfekt“ sind wie „nur ein bisschen schwanger“; es gilt: entweder „perfekt“ oder „Kratzer“, und damit für Letzteres: ›Gebrauchsspur‹ oder sogar ›Schaden‹.
  • Anwendungswarnung: Das Ergebnis kann deutlich niedriger ausfallen als erwartet. Verschiedene Test an bekannten und vorhandenen Stücken zeigen aber ein Ergebnis im oberen Bereich, also eher einen Maximalwert.
  • Zu beachten ist, dass der hier ermittelbare ›Wert‹ noch keine perfekte Angabe für einen Verkaufspreis in EUR bedeutet, sondern vielmehr einer ersten Einschätzung dienen darf. Der realisierbare Verkaufspreis kann durchaus weniger als ein Viertel betragen, die Skalierung der einzelnen Werte wurde aber so ausgelegt, dass der errechnete Wert für die erste Einschätzung 1:1 in EUR übertragen werden kann.
  • Nicht jeder rechenbare Wert entspricht auch real existierendem Porzellan; zB. Massenware vor 1870 gibt es nicht und ›vorzüglich‹ als Zustand ist wirklich sehr selten.
  • Warum wird die Seltenheit nicht in der Einschätzung berücksichtigt? Seltenheit korreliert nicht zwangsläufig mit der Nachfrage und ist keine kalkulierbare Größe.
Bei einem Nachfrageüberhang kann der Kaufpreis nicht korrekt abgebildet werden. Hier ergeben sich teils deutlich höhere Preise; dies betrifft insbesondere spezielle Sammelgebiete. Denn viele Sammler orientieren und richten ihre Sammlung an einem Dekorationsstil oder einer bestimmten Zeitspanne oder einer bestimmten Form aus. Dies führt gelegentlich zu einem (aktiven) Nachfrageüberhang bei sehr begehrten Dekorarbeiten bzw. Ausformungen.
Bei einem Angebotsüberhang ist allerdings nur ein deutlich niedrigerer Preis zum Verkauf führend.

Wie lautet die Formel?

Ganz einfach:
Die hinterlegten Faktoren der zutreffenden Angaben (siehe Tabelle oben) miteinander und mit der CM-Angabe multiplizieren. Mehr braucht es nicht. Nichts anderes macht das Tool. Entscheidend für das Ergebnis sind also nur die Bewertungen der Kategoriedimensionen mit einer Zahl.
 
 

Quellennachweis/Zitation

Quelle

blog-Archiv: August 2023.
 

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by Günther Schleu
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