Porzellanfabrik „Bohemia“ Keramischen Werke AG in Neurohlau/Böhmen • Siedlergeschirr
Firmen- und Zeitgeschichtliches
Die „Bohemia“ Keramische Werke AG in Neurohlau (Novà Role) in Böhmen ging im Jahr 1921 aus der Karlsbader Keramik Werke GmbH hervor und wurde in den nächsten Jahren zu einem der modernsten Kaolinverarbeitern umgerüstet. Bis in den Herbst 1938 befand sich die Fabrik in jüdischem Besitz und wurde bis Juni 1940 durch Aktienaufkauf und -überführung an das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt gereicht, welches seit Längerem ein Porzellanwerk mit hoher Fertigungsqualität zur Produktionsausweitung suchte, da die Porzellanmanufaktur Allach nicht in der Lage war, den Bedarf insbesondere an Gebrauchs- und Kantinengeschirr zu decken.1
In Allach wurden vorzugsweise Figuren hergestellt. Der Geschirrbedarf der SS wurde bis dahin fast ausschließlich durch Auftragsfertigung gedeckt; vgl. SS-Kantinengeschirr.
Im Bohemia-Werk wurde frühestens ab Ende 1940, wahrscheinlich aber erst ab 1941, und bis April 1945 für die SS vor allem das sogenannte Siedlergeschirr mit abstrahierten Blütenzweigen in Blau unter der Glasur verziert hergestellt. Ein weiterer instituioneller Abnehmer war das Deutsche Rote Kreuz. Kantinengeschirr für die Wehrmachtsglieder - Heer, Waffen-SS, Luftwaffe und Kriegsmarine - wurden ebenfalls gefertigt. Daneben wurde noch Keramikgeschirr mit grauem Fond und Krakelee produziert, welches zusätzlich mit Blumendekor oder abstrakt-floraler blauer Girlande verziert wurde.
Das Siedlergeschirr wurde vorzugsweise von Heinrich Himmler an jung verheiratete SS-Angehörige, an Bombengeschädigte und andere bedürftige Personen verschenkt, heißt es.1
Die Blütenzweige auf dem Geschirr sind unterschiedlich im Aussehen; Hohlgeschirre haben auf der Vorder- und Rückseite jeweile ein eigenes Motiv. An Serviceteileformen [und Blütenzweigdekoren] bekannt sind:
In Allach wurden vorzugsweise Figuren hergestellt. Der Geschirrbedarf der SS wurde bis dahin fast ausschließlich durch Auftragsfertigung gedeckt; vgl. SS-Kantinengeschirr.
Das Geschirr für die Siedler
Unbekannt ist, wer das Geschirr entworfen hatte. Gerüchtehalber soll es vom Reichssicherheitshauptamt (RSHA) als Ausstattung der Erbhöfe vorgesehen und vom Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums, Heinrich Himmler, in Auftrag gegeben worden sein. Kriegsbedingt fand es kaum Verbreitung. Auch soll es im Obersalzberger NSV Kinderheim zum Einsatz gekommen sein. Und auch die SS-Wache am Obersalzberg soll dieses Porzellan verwendet haben. All dies konnte bisher nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden.Bekannte Fabrikmarken
Die Fabrikmarken des Siedlerporzellans wurden in Blau unter der Glasur aufgebracht: Die Allach-Runenmarke (zwei überlagerte Sig-Runen) werden vom Bohemia-B umschwungen - die sogenannte Allianzmarke. Dies ist eine Abwandlung der bisherigen Markung mit dem Bömischen Löwen in der Markung Mitte.2
Die Keramiken tragen entweder die gleiche Markung wie das Siedlerporzellan oder ein gekröntes Bohemia-B und manchmal noch unterhalb ein Trippletau.