Porzellanfabrik Kalk in Eisenberg/Thüringen • Geschichte der Porzellanfabrik Kalk G.m.b.H. in Eisenberg (Thür.) [1950]

Geschichte der Porzellanfabrik Kalk G.m.b.H. in Eisenberg (Thür.)
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GESCHICHTE
DER

PORZELLANFABRIK KALK G.M.B.H.
IN EISENBERG (THÜR.)


 
Naht dir ein Mensch mit rußigem Gesicht
mit schwieligen und arbeitsstarken Händen
von dem darfst du dich nicht verachtend
wenden - denn Arbeit, Freund, die schändet
nicht.
Firmenansicht
 
Firmenansicht
 
Man sichert die Zukunft
wenn man die Vergangenheit ehrt


Emil Körbitz




Wilhelm Geyer
 
Wilhelm Geyer und Emil Körbitz

Die Vorgeschichte der Porzellanfabrik Kalk

Menschen kommen und vergehen. Ihre Werke aber leben weiter und überdauern oft Generationen. Sie künden vom Wollen der Väter, vom Streben ihrer Söhne ..... und sie mahnen zu neuer Tat.
Nicht immer vernehmen wir ihre Stimmen so eindringlich wie an jenen Festtagen, die der Mensch in seinem persönlichen Leben jedes Jahr, im Verlaufe seiner Arbeit aber in viel größeren Abständen begeht.
Sie feiert heute die Porzellanfabrik Kalk die 50. Wiederkehr ihres Gründungstages und schaut auf ein halbes Jahrhundert schwerer Arbeit und rastlosen Strebens zurück. Die Trommeln der Massenmühle schweigen, der Lärm der Walzwerke ist verstummt, und die Dreherspindeln stehen für Stunden still. Aber andere Stimmen raunen und flüstern in den stillen Räumen und erzählen von dem, was war, berichten von ernsten und frohen Tagen und lassen Gestalten wieder lebendig werden, die nun schon seit vielen Jahren der Rasen deckt, deren Leben aber in heißer Liebe und aufopfernder Arbeit diesem Werke galt, die in vielen sorgenvollen Nächten um seine Zukunft bangten und damit verdient haben, daß ihr Name genannt wird, wo ihre Hände und ihres Geistes Fleiß so sichtbarlich zu Tage tritt.
Die Geschichte der Porzellanfabrik Kalk beginnt nicht erst mit dem 1. Januar vor 50 Jahren. Schon 18 Jahre vorher wurde der erste Stein zu ihrem Bestehen gelegt. Und diese 18 Jahre Vorgeschichte waren nicht weniger schwer und nicht weniger dramatisch. Diese Vorgeschichte beginnt mit dem Namen Ludwig Mehlhorn.
Er gehörte zu jenen Menschen, die sich vom Schicksal niemals unterkriegen lassen. Das bestätigen seine Zeitgenossen, die in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit erleben mußten, wie seine kleine Porzellanfabrik in die Hände des späteren Kommerzienrates Mühlenfeld überging und er doch die Flügel nicht hängen ließ.
So berichtet der Chronist: Als Ludwig Mehlhorn seine Fabrik abtrat, wurde im Kaufvertrage die Klausel aufgenommen, daß er in einem gewissen Umkreise der Stadt Eisenberg keine neue Porzellanfabrik errichten dürfe. Aber er war ein tatkräftiger und unternehmungslustiger Mann, und die heimatlichen Bindungen waren so stark, daß er nicht anderswo in der Welt sein Glück versuchen wollte. So baute er 1882 mit geringen Mitteln, aber großen Hoffnungen die Eisenberger Steingutfabrik in der Verlängerung der damaligen Rodaer Straße und legte so den Grund für die jetzige Porzellanfabrik Kalk in der Rudolf-Breitscheid-Straße in der Nähe des Platzes der Republik.
Die Fabrik erzeugte sogenanntes „Feines Steingut“ Tafel- und Waschgeschirr, sowie kleinere Ziergegenstände. Die verarbeitete Masse bestand zu einem Teil aus heimischem Ton, dem Kaolin, feiner Quarzsand und als Flußmittel Kreide und Feldspat beigegeben wurden. Die fast durchsichtige Glasur und der sauber gebrannte, weiße Scherben, den wir in einigen erhalten gebliebenen Mustern noch heute bewundern können, gibt Kunde davon, daß in der Fabrik gute Arbeit geleistet worden ist.
Nur kurze Zeit stand Ludwig Mehlhorn dieser Fabrik vor, dann wurde sie an Felix Kretschmann, einem Sohn des bekannten Eisenberger Bürgers Wilhelm Kretschmann, verkauft. Aber auch er konnte die Schwierigkeiten nicht meistern. So überrascht es nicht, daß am 17. April 1888 im „Eisenberger Nachrichten“ folgendes zu lesen ist:
Bekanntmachung
Im Handelsregister des unterzeichneten Amtsgerichts ist heute eingetragen worden:
1. Auf Fol. 127: Die Firma Felix Kretschmann in Eisenberg ist erloschen.
2. Auf Fol. 130: Als neugegründet die Firma Eisenberger Steingutfabrik Geyer & Körbitz in Eisenberg und als deren Inhaber die Kaufleute Karl Wilhelm Geyer und Ernst Emil Huldreich Körbitz, beide in Eisenberg.
Eisenberg, den 14. April 1888.                                     Herzogliches Amtsgericht
                                                        Pilling

Damit wurde der Kaufvertrag sanktioniert, der die Fabrik am 1. April 1888 in die Hände zweier Kaufleute, überführte, deren Gewissenhaftigkeit und kaufmännische Anständigkeit das Unternehmen zum Aufstieg und zur Blüte führen sollte.
Wilhelm Geyer war Eisenberger Stadtkind. Er gehörte jener Familie an, die in Eisenbergs tausendjährige Geschichte eine ganz bedeutsame Rolle gespielt hat, tragen doch noch heute zwei Straßen diesen Namen. Er wurde am 1. März 1852 hier geboren und starb am 18. Januar 1910 in Meiningen. In ihm paarten sich kaufmännischer Weitblick und fachliche Tüchtigkeit. Er fand in seinem Schwager, Ernst Emil Huldreich Körbitz, geb. am 29. 8.1952 in Eisenberg, den ergänzenden Partner, der leider schon am 20. Dezember 1888 verstarb. An seine Stelle trat als Gesellschafter seine Gattin Martha geb. Geyer.
Beide Gesellschafter führten nun 12 Jahre hindurch die Geschicke der Eisenberger Steingutfabrik. Die Gebäude nahmen kaum den fünften Teil der jetzigen Anlage ein. Im Hofe stand eine primitive Massenmühle. Das einzige dekorative der Fabrik war das Gebäude, in dem sich heute die Büroräume befinden. Aber gearbeitet wurde mit Fleiß und Ausdauer. Mit der Erweiterung der Produktion stellten sich gar bald unliebsame Störungen ein. Wasser war in Eisenberg schon seit jeher eine Kostbarkeit gewesen. Aber zum Schlämmen des Kaolins brauchte man große Mengen. Woher sollte es genommen werden? Die Brunnenanlage war zwar ergiebig, aber sie schloß von vornherein jede Erweiterung der Produktion aus. Zu dem war Steingut weniger gefragt.
Es war das Porzellan des armen Mannes. Der wirtschaftliche Aufstieg Deutschlands in den neunziger Jahren besserte auch die Lebensverhältnisse der breiten Masse. Man kaufte nicht mehr das, was billig war, sondern was gut und schön war. Der billige Porzellanersatz trat demzufolge immer mehr in den Hintergrund. Die Preise sanken unaufhörlich. Um verkaufen zu können, war man zu immer neuen Konzessionen gezwungen.
Beide Gesellschafter erkannten deshalb immer deutlicher, daß nur eine grundlegende Änderung des Unternehmen vor dem Abstiege und dem Verfall retten konnte. Ihre Entschlüsse sind Zeugnisse einer bewundernswerten Weitsichtigkeit und kaufmännischen Klugheit.
Erfahung tut mehr
als Meisterlehr

Die Geburtsstunde der Porzellanfabrik Kalk

Während in Eisenberg die Steingutfabrik Geyer & Körbitz um schwierige Entscheidungen rang, stand auch eine Porzellanfabrik am fernen Rheine vor der bangen Frage: „Sein oder Nichtsein?“ Ihre Grundstücke lagen in dem Kölner Vorort Kalk. Köln aber wuchs und wuchs von Jahr zu Jahr immer mehr. Was einst an der Peripherie der Stadt gelegen hatte, rückte gar bald in den Mittelpunkt. Der Baugrund wurde immer teuerer, und schließlich ist eine Porzellanfabrik mit ihren rauchenden und rußenden Schloten inmitten einer Großstadt kein Ideal. So entschlossen sich die Kalker zum Umzug. Aber wohin?
Ein seltsamer Zufall brachte die Eisenberger Steingutleute und die Kalker „Porzelliner“ zusammen. Und da zudem die Mühlenfeldsche Klausel ihre einschränkende Wirkung verloren hatte, wurde die Umsiedlung vom Rheine nach dem schönen Thüringer Land durchgeführt. Die Kölner Jungen hielten ihren Einzug in die stille Stadt am Waldeshügel und brachten mit sich nicht nur den urwüchsigen Humor ihrer Heimat, sondern auch ihre Formen und Modelle, ihre Maschinen und ihre tausendfach erprobten Erfahrungen.
Im Handelsregister der Stadt Eisenberg aber lesen wir, daß am 1. Januar 1900 ein Gesellschaftsvertrag geschlossen wurde, in dem die neue Porzellanfabrik Kalk G. m. b. H. ihre Ziele so formuliert: „Fabrikationsmäßige Herstellung und Verzierung von Porzellanwaren und handelsmäßiger Vertrieb der betreffenden Erzeugnisse“. Die Gesellschafter waren: Frau Martha Körbitz geb. Geyer aus Eisenberg, Wilhelm Geyer aus Eisenberg, Gustav Schwabe aus Köln-Kalk und Wilhelm Vogt aus Köln-Kalk.
Eine Ehe war zustandegekommen, die ein halbes Jahrhundert hindurch allen Stürmen und Erschütterungen der Zeit standhielt. Wer aber denkt noch bei dem Namen „Kalk“ an den Kölner Vorort, in dem einst die Wiege der Eisenberger Fabrik stand? Wer denkt noch an das Eisenberger Steingut, das als billiger Hausrat auf Märkten und Messen feilgeboten wurde? Die Zeit verwischte, was unwesentlich war, bestehen bleiben nur die Namen, deren Zusammenhänge längst vergessen wurden, und bestehen blieben die Leistungen von fünf Jahrzehnten, die den Namen Kalk über die Grenzen der Heimat hinaustrugen.
Als die Porzellanfabrik Kalk in Eisenberg gegründet wurde, bestanden am Orte schon fünf weitere Porzellanfabriken, daneben noch sechs Porzellanmalereien. In der gesamten keramischen Industrie waren um diese Zeit über 800 Personen beschäftigt. Das war fast der zehnte Teil der gesamten Bevölkerung. Diese Industrie spielt also im Wirtschaftsleben der Stadt eine ganz bedeutende Rolle. Als dann im Jahre 1901 die Metallwarenindustrie einen schwerwiegenden Rückgang zu verzeichnen hatte, bedeutete die Neugründung eine starke wirtschaftliche Stütze für die Stadt Eisenberg.
Ursache zur Gründung der Eisenberger Porzellanindustrie am Ausgange des 18. Jahrhunderts waren die großen Lager hellen, kaolinartigen Tones gewesen, die sich nördlich von der Stadt im mittleren Buntsandstein befinden. Das Vorhandensein ausgedehnter, ergiebiger Waldungen hatte zum anderen das Feuerungsmaterial sichergestellt. Die Porzellanfabrik Kalk war von diesen technisch unvollkommenen heimischen Rohstoffen nicht mehr abhängig, sorgte doch die Bahnverbindung Eisenberg-Krossen für eine prompte Belieferung mit allen benötigten Materialien. Die Fabrik konnte also sofort mit Hochtouren anlaufen.
Stadtwappen Eine Anzahl bester Facharbeiter war von Köln-Kalk mit nach Eisenberg gekommen. Massemüller, Dreher und Maler waren darunter, die sich sehr rasch eingewöhnten und gar bald an ihren alten Maschinen zu guten Leistungen kamen. Ebenso wertvoll aber war, daß auch der frühere Betriebsleiter Danzer in seiner Stellung geblieben war.
Er war nicht nur ein ausgezeichneter Fachmann, sondern auch ein vorzüglicher Organisator. Mit einem Scherzwort erreichte er oft, wozu sonst eine halbstündige Belehrung notwendig gewesen wäre, ein aufmunternder Witz ließ die Arbeiter auflachen, wenn das Neue zu schier unüberwindlichen Schwierigkeiten aufbauschen wollte. So wurden die Eisenberger Steingutarbeiter sehr bald in tüchtige Porzellanfacharbeiter umgeschult und halfen wacker mit, die weiße Erde in das kostbare weiße Gold umzuwandeln.
Bald häufte sich die Produktion. Die gefüllten Lager konnten aber sehr bald geräumt werden, da die Kalker aus Köln auch ihre alten treue Kundschaft mitgebracht hatten. Um diese bemüht sich auch weiterhin der Gesellschafter Wilhelm Vogt, der in Köln verblieben war und hier eine Geschäftsstelle mit Lager einrichtete. Der andere frühere Besitzer der Porzellanfabrik Kalk, Gustav Schwabe, aber war mit nach Eisenberg gekommen und half den Eisenberger Gesellschaftern bei dem Aufbau. Schwierigkeiten bleiben natürlich nicht aus. Zuerst galt es einmal für die neuen Arbeiter Wohnraum zu schaffen. Das war leichter gesagt als getan. Hat sich doch Eisenbergs Bevölkerung von 1875 bis 1900 von 5 500 auf 8 824 Einwohner erhöht. Aber es wurde geschafft.
Mit den Kalker Porzellanarbeitern war auch der Fortschritt mit nach Thüringen gekommen. Sie forderten und erhielten höhere Löhne als bisher in Thüringen gezahlt worden waren. Sie lachten darüber, wenn in Mitteldeutschland der Arbeiter das Petrolium für die Lampe an seinem Arbeitsplatz selbst bezahlen mußte, und sie brachten jene selbstsichere Haltung des Arbeiters mit, der weiß, daß er etwas kann und demzufolge auch fordern darf. Wir lesen in jenen Tagen oft Anzeigen im „Eisenberger Nachrichtenblatt“ wie: „Einige flotte Porzellanmaler gesucht“ — „Malermädchen bei gutem Lohn gesucht“ usw. Der Name Porzellanfabrik Kalks steht aber nie unter solchen Anzeigen, hier waren alle Arbeitsplätze besetzt, und sie wurden auch nicht verlassen.


Massemühle
       Massemühle
 
Nicht verzweifelt innehalten,
wenn sich Schwierigkeiten nah'n.

Schwere Jahre, aber rascher Aufstieg.

Mit 70 bis 80 Mann Belegschaft nahm die neugegründete Porzellanfabrik die Arbeit auf. Das war eine stattliche Anzahl, wenn man bedenkt, daß nur zwei Öfen von je 65 cbm Inhalt zur Verfügung standen. Aber die Öfen arbeiteten ausgezeichnet, und die Erzeugnisse gaben weder zu Tadel noch zu Sorgen Anlaß. Auch die alte Kundschaft war restlos zufrieden mit dem neuen Kalker Porzellan, das ja nun in Thüringen gebrannt wurde. Es war, als ob die Luftveränderung dem Unternehmen aufs beste bekommen wäre. Hoffnungsvoll konnte man der Zukunft entgegenschauen.
Natürlich gab es auch Rückschläge. So war es bedauerlich, daß Wilhelm Geyer schon 1901 als Geschäftsführer ausschied. Er hinterließ eine große Lücke, die nicht so leicht zu schließen war. 1903 schied auch Gustav Schwabe aus, um die Porzellanfabrik in Reichenbach weiterzuführen.
Die Fabrik wurde danach von Karl Ehlert, der als Buchhalter von Kalk mit nach Eisenberg gekommen war, provisorisch verwaltet. 1905 wurde er dann durch Gesellschafterbeschluß zum Geschäftsführer ernannt und trat an Stelle von Schwabe als Gesellschafter ein. In ihm fand die Fabrik einen treuen Diener, der Tag und Nacht zur Stelle war, der die innigste Fühlung mit seinen Mitarbeitern hatte und dessen Name mit der Geschichte der Fabrik für alle Zeiten auf das innigste verknüpft sein wird. Als er im zweiten Jahre des ersten Weltkrieges fiel, erlitt die Fabrik einen schweren Verlust, und die Arbeiter und Angestellten verloren ihren besten Freund. Noch heute schwärmen sie von dem Manne, der allen ein Vorbild, aber keinem der „Herr“ war.
Karl Ehlert verstand es in meisterhafter Weise, den Betrieb zu beleben. Durch Aufnahme des Auslandgeschäftes ging die Produktion sprunghaft nach oben. Ein neuer Ofen mußte 1908 gebaut werden. Wenn er auch nur 53 cbm Rauminhalt aufwies, so bedeutete das doch immerhin eine Erhöhung der Leistungskapazität um 40 %.
Und wohin gingen nun die Porzellane? Norddeutschland, Westfalen und Hannover gehörten seit jeher zu den treuen Kunden, die auch nie vernachlässigt wurden. Aber hinzu traten nun die nordischen Länder Dänemark, Norwegen und Schweden, hinzu traten auch Belgien und Frankreich. Neue Muster wurden aufgenommen, die dem Geschmack dieser Länder entsprachen. Die schöpferischen Kräfte des Betriebes befriedigten jede Forderung und erfüllten auch jeden Wunsch. Bestellungen über Bestellungen liefen ein, so daß man sehr bald wieder vor der Frage eines Ofenneubaues stand.
Und man baute ihn, und seine 65 cbm verdoppelten die Leistungsfähigkeit, die die Fabrik im Jahre ihrer Gründung gehabt hatte. In zehn Jahren Verdoppelung der Produktion, das ist eine Leistung, die Anerkennung verdient. Da viel Blauunterglasur gemacht wurde, waren viele Hände nötig. So ist es kein Wunder, daß in manchen Jahren fast 300 Fabrikräume bei weitem nicht ausreichten, um so viele Menschen aufzunehmen, wurden zahlreiche Heimarbeiter beschäftigt.
Carl Ehlert Jeden Tag um die neunte Stunde rückten sie dann an, um die fertige Arbeit abzuliefern. Auf dem großen Tragkorbe standen noch breite Kisten, in denen die Ware sorgfältig verpackt war. Alt und Jung, Männlein und Weiblein arbeiteten für „Kalks“, und jeden Tag herrschte auf dem Fabrikhofe ein Rummel wie auf dem Jahrmarkte. Ja, das war ein Leben, an das sich die Jubilare der Fabrik heute noch gern erinnern!
Nicht nur im Bau zweier neuer Öfen zeigte sich das fortschrittliche Prinzip der Geschäftsführung. Es verging wohl kein Jahr, in dem der Betrieb nicht an irgend einer Stelle modernisiert worden wäre. 1905 wurde ein neuer Kessel und eine neue Dampfmaschine eingebaut. 1907 konnte eine Zentralheizungsanlage in Betrieb genommen werden, die für die gesamte Belegschaft große Erleichterungen brachte. Nirgends brauchte man mehr zu frieren, und die Erkältungskrankheiten nahmen rasch ab. 1911 wurde die Fabrik elektrifiziert, und die letzten Petroleumlampen verschwanden. Wieviel leichter war jetzt die Arbeit bei dem hellen Lichte elektrischer Beleuchtungskörper, die auf einen Schaltergriff gehorchten, als bei den schwelenden Funzeln, die man alle Augenblicke putzen mußte, und die die Arbeitsräume doch immer im Halbdunkel ließen.
Auch das äußere Gesicht der Fabrik änderte sich grundlegend. Unzweckmäßiges wurde abgerissen und mußte Besserem Platz machen. Neue Bauten entstanden. Immer mehr rundete sich das Bild einer geschlossenen Fabrikanlage. Immer ersichtlicher wurde der Aufstieg. Nicht nur auf der Messe in Leipzig, die seit 1900 ständig beschickt wurde, auch in der Stadt Eisenberg zeigte die Porzellanfabrik Kalk eine geschmackvolle Visitenkarte.
Das beste von allem aber war, daß sich die Arbeiter in ihrem Betriebe heimisch und wohl fühlten.


Ofen
       Ofen
 
Tages Arbeit, abends Gäste,
saure Wochen, frohe Feste!

Porzelliner Leben

Karl Dießel ist seit 42 Jahren im Betrieb. Er ist das älteste Belegschaftsmitglied. Aber sein Geist ist noch ebenso rege wie damals, als er 1907 in dem Betrieb kam, und er wird lebhaft und seine Augen glänzen, als er uns von dem Schicksalen der Fabrik erzählt. So manches persönliche Erlebnis, das nun durch den Zauber der Erinnerung verschönt wird, fügt er seinem Berichte hinzu.
Er erzählt von der Zeit vor dem ersten Weltkriege, als unser Volk noch reich war und sein Vermögen noch nicht auf den Schlachtfeldern Europas verpulvert hatte. Damals war der Betrieb wie eine große Familie. Bunt- und Blaumaler, Hofarbeiter und Brenner, Meister und Lehrlinge, alle hielten eine gute Kameradschaft. Diebstahl kannte man nicht. Man hatte es ja auch nicht nötig, dem Arbeitskameraden die elektrische Birne vom Arbeitsplatz zu nehmen. Für wenige Pfennige konnte man sie im Laden kaufen.
Man nahm auch großen Anteil am persönlichen Leben der Arbeitskollegen. Wenn ein Lehrling freigesprochen wurde, dann ging's hoch her. Wenn auch keine Sektpfropfen knallten, denn so groß war der Lohn ja nicht, so wurde doch mancher Flasche Bier der hals gebrochen. Montags wurde nie viel gemacht, das war so alte Porzelliner-Tradition. Höchstens wenn die Arbeit drängte, dann wurde auch der „blaue Montag“ zu einem ordentlichen Arbeitstage. Im August aber drängte die Arbeit nie. Da waren die meisten Vertreter der Fabrik in den Ferien, und deshalb gingen die Aufträge immer nur schleppend ein. Da war auch für die Porzelliner Festzeit. Nach Feierabend ging's dann auf die Dörfer und in die Mühlen, und da wurde gelacht und gezecht — oft bis in den frühen Morgen. Manch toller Streich wurde dann ausgeführt und gar nicht selten kam man einmal mit der Polizei in engere Berührung. Dann gab's ein Strafmandat, das ber nie so hart ausfiel, weil man ja das lustige Porzelliner-Völkchen kannte und ihm manche Freiheiten einräumte. Mancher Schabernack wurde auch in der Fabrik getrieben, und es kam sogar hin und wieder vor, daß dem Meister einmal ein Topf Wasser auf den Kopf fiel, wenn er unversehens die Tür öffnete. Man hatte nämlich ein Gefäß mit Wasser auf das Türbrett gestellt und den Henkel durch einen Bindfaden mit dem Türdrücker verbunden. Alle diese Scherze wurden aber von niemand übel genommen, weil man wußte, daß nicht die böse Absicht, sondern nur die Freude am Necken der Vater des Gedankens war.


Dreherei
       Dreherei
 

Wenn es im Betrieb auch keine Kantine gab, so konnte man doch alles haben, was das Herz begehrte. Es war zwar in der Betriebsordnung verboten, aber nur die Dummen ließen sich erwischen. Im übrigen sah man auch großzügig über solche Kleinigkeiten hinweg. So handelte der eine Kollege mit Schokolade, der andere mit warmen Würstchen, dieser hatte Bratheringe in seinem Spind, jener Zigaretten, Schnupf- und Priemtabak. Sogar mit Schuhhandel und Margarinevertrieb befaßten sich einige Kollegen und besserten so ihre Einnahmen auf.
Aber trotz allem Scherz und aller Freiheiten wurde Qualitätsarbeit geleistet, waren doch in der Hauptsache nur Facharbeiter im Betriebe tätig und alle gaben sich Mühe, Gutes zu schaffen. Wenn Not am Mann war, dann wurde doppelt zugegriffen. da wartete keiner auf die Dampfpfeife oder lungerte im Betrieb umher. Da konnte es auch einmal über den Feierabend hinausgehen. Was fertig werden mußte, wurde fertig. Keiner ließ sich dazu nötigen.
Und in der Erinnerung an vergangene Tage wird Karl Dießel ernst und gedenkt dieses und jenes Kollegen, der nun schon lange tot ist, fern der Heimat in einem fremden Lande liegt und doch ein so guter Kamerad und Arbeiter war. Unschuldige Opfer zweier sinnloser Kriege, die unserem Voke seinen Wohlstand und seine Freiheit nahmen! — So erzählt uns der alte Porzellan- und jetzige Obermaler Karl Dießel, der in den 42 Jahren seiner Arbeit in der Porzellanfabrik Kalk nie eine Stunde krank war und nie eine Minute zu spät kam.
Hut ab vor diesem Veteranen der Arbeit! Und wie er, so sind noch viele andere in der Fabrik tätig — seit 20, 25 und 30 Jahren. „Wir haben unseren Arbeitsplatz nicht gewechselt, weil bei uns immer ein schönes Arbeiten war“, so bekennen sie alle.


Glasur
       Glasur
 
Ein furchtbar wütend Schrecknis ist der Krieg!

Erster Weltkrieg und Inflation

Erich Geyer Als im August 1914 der Krieg ausbrach, der Geschäftsführer Ehlert und viele Facharbeiter eingezogen wurden und keine Kohlen herangeschafft werden konnten, stand der Betrieb mehrere Wochen still. Frau Martha Körbitz sprang als Geschäftsführerin ein und nach und nach konnte die Produktion wieder anlaufen. Daß sie sich nicht zu ihrer alten Höhe entwickeln konnte, braucht nicht zu wundern. Die Porzellanindustrie ist keine Kriegsindustrie. Aber es gelang der Geschäftsführerin doch, die Fabrik über die Klippe hinwegzubringen. Wer rastet, rostet, und Rost läßt sich nur mit großer Mühe und erheblichen Kosten wieder beseitigen. Daß das vermieden wurde, ist ihr Verdienst.
Es bedeutete für die Porzellanfabrik Kalk aber doch eine große Entlastung, als nach Kriegsende Erich Geyer und Dr. Rudolf Körbitz aus dem Felde zurückkehrten und 1919 zu Geschäftsführern ernannt wurden. Beide hatten eine Ausbildung hinter sich, die sich für den Betrieb zum großen Segen auswirkte.
Erich Geyer hatte in München Staatswissenschaft studiert, nachdem er vorher 2 Jahre in der Porzellanfabrik Rauenstein A. G. in Rauenstein/Thür. gelernt hatte. Er brachte die Voraussetzungen mit, um den Betrieb wieder auf die Höhe zu bringen und die Kriegswunden zu heilen.
Auch Dr. Körbitz war für seine neue Aufgabe gut vorbereitet. Er hatte an verschiedenen Universitäten Chemie studiert und hatte dann in der Königl. Porzellan-Manufaktur in Berlin praktisch gearbeitet.
Dr. Rudolf Koerbitz Diesen beiden jungen Kräften wurde der Anfang nicht leicht gemacht. Die Versorgung mit Kohle war außerordentlich schwer und schleppend. Die Fabrik stand vor der Schließung, oder zumindest vor Kurzarbeit. Da tat Erich Geyer etwas, was er als das beste Geschäft seines Lebens bezeichnete. Er kaufte Tausende von Raummetern Stockholz auf und benutzte es — wie seine Vorgänger vor 150 Jahren — als Brennmaterial. Täglich rollten 5 - 6 Waggons an. Im Garten hinter der Fabrik wuchsen die Holzstöße zu kleinen Bergen, und bis zu 20 Arbeiter waren ständig mit dem Zerkleinern dieses Holzes beschäftigt. In den Lärm der Fabrik klangen krachens die wuchtigen Schläge der Äxte, und in den Pausen saßen Holzarbeiter und Porzelliner einträchtig zusammen und diskutierten über schlimme Zeiten.
Der Absatz des Porzellans war in diesen Inflationsjahren nicht schwer, nutzte doch das Ausland den schlechten Kursstand der deutschen Mark weidlich aus. Die Geschäftsführung vergaß aber über dem Devisengeschäft die alte treue Abnehmerschaft in Deutschland nicht, und das sollte sich später zum Segen der Fabrik auswirken. Als nach der Inflation viele Fabriken schließen mußten, weil der Auslandsmarkt schlagartig zurückging, konnte sie sich auf die alte treue Kundschaft stützen.
Trotz aller Schwierigkeiten der Inflation wurde in diesen Jahren aber auch der Ausbau der Fabrik nicht vernachlässigt. 1920/1 wurde eine neue, stärkere Dampfmaschine und eine neue Kesselanlage eingebaut. Außerdem wurde die ganze Fabrik aufs Modernste elektrifiziert.
 
Hinauf, hinan! Frei ist die Bahn
Hinauf aus dunkler Tiefe, ins Lichte, Positive

Im Auf und Ab der Zeiten

Das große Streben in der Porzellanindustrie nach der Inflation ging an der Porzellanfabrik Kalk gnädig vorüber. Sie überstand auch die furchtbaren Wirtschaftskrisen der dreißiger Jahre. Und sie bewies, daß sie leistungsfähig geblieben war. Die Eisenberger Industrieschau zeigte, daß man sich nicht zu verstecken brauchte. Auch an der Verbesserung der Fabrikanlagen wurde ständig gearbeitet.
1927 — 1928 wurde eine moderne Massemühle errichtet, die mit einer der Zeit entsprechenden kontinuierlich arbeitenden Mahlanlage für Feldspat, Quarz usw. versehen war. Wenige Jahre später wurde die Fabrik mit Aufzügen ausgerüstet, so daß die manuelle Arbeit wesentlich erleichtert wurde. Da kam der schwarze 26. Januar 1935, vor dem das „Eisenberger Nachrichtsblatt“ meldet:
Nächtliches Schadenfeuer in der Porzellanfabrik Kalk
In der Nacht zum Sonntag bemerkten Passanten in der Porzellanfabrik Kalk einen hellen Feuerschein. Sie benachrichtigten sofort den Portier der Fabrik, der seinerseits die Meldung von dem Ausbrechen des Brandes der Feuerwehr und Polizei weiterleitete. Kurze Zeit darauf ertönten auch schon die Signalhörner. Das Feuer war offenbar in einem der vorderen Brennhäuser aufgekommen und verbreitete sich sehr rasch. Bis zum Eintreffen der Feuerwehr bemühten sich Arbeiter der Firma mit Minimax-Löschapparaten, das Feuer in Schach zu halten. Diese Bemühungen waren zum Teil von Erfolg. Es hatte sich schnell eine Menge Schaulustiger eingefunden, die das nächtliche Schauspiel bewunderte. Das Mittelgebäude stand bald in hellen Flammen, als die Motorspritze der Feuerwehr eintraf und sich unverzüglich ans Rettungswerk machte. Mit fünf Schlauchleitungen wurde zu gleicher Zeit dem Brande zu Leib gerückt und der Brandherd lokalisiert. So konnte rechtzeitig ein Übergreifen des Feuers auf die Neubauten vermieden werden. Die schwierigsten Löscharbeiten dauerten ungefähr eine Stunde und die größte Gefahr war damit beseitigt. Die Wehr hatte aber noch viele Stunden zu tun, um die Ablöschung auszuführen. Eine Besichtigung der Brandstätte am nächsten Morgen zeigte, welch großen Schaden das Feuer angerichtet hatte.
Der reine Gebäudeschaden wird auf 35 bis 37 000 RM geschätzt, der Materialschaden an zerstörten Formen und vor allem der zwei Öfen läßt sich noch nicht übersehen. Mit den Aufräumungsarbeiten wurde bereits am Sonntag in den Räumen begonnen, die am Montag wieder betriebsfertig sein müssen. Der Betrieb kann voll aufrecht erhalten werden. Der entstandene Schaden dürft in spätesten 4 — 5 Wochen wieder behoben sein.“
Nun, obgleich der Bau mit allen Mitteln vorangetrieben wurde, dauerte es doch immerhin bis Anfang Mai 1935, ehe die neuen Gebäude wieder in Betrieb genommen werden konnten. Trotzdem wurde in diesen Monaten die volle Belegschaftsstärke behalten. Mit dem Bau wurden auch noch manche Neuerungen verbunden, und auch in den folgenden Jahren ruhten die Verbesserungsarbeiten nicht.
Da kam 1939 der neue Krieg. Wenn auch der Fabrikationsbetrieb aufrecht erhalten werden konnte, so machten sich bald an allen Ecken und Enden Schwierigkeiten bemerkbar. Man hätte es viel leichter gehabt, wenn man die Produktion umgestellt und für den Krieg bestimmte technische Porzellane angefertigt hätte, aber man lehnte die Anträge, die wiederholt gestellt wurden, ab und produzierte auch weiterhin nur Gebrauchsgeschirr.
Die Folgen wurden bald spürbar. Immer mehr gute Arbeitskräfte wurden abgezogen und in die Kriegsindustrie gesteckt. So sank die Stärke der Belegschaft bald auf 70 Mann.
Nach dem Zusammenbruch 1945 wurde alles daran gesetzt, um wieder in Arbeit zu kommen. Und die allseitigen Bemühungen waren nicht vergeblich. Nur drei Wochen stand der Betrieb still. Dann wurde mit etwa 40 Mann die Arbeit wieder aufgenommen. Es wurde nun alles versucht, um die Fabrik wieder auf die alte Höhe zu bringen.
Neue Arbeitsplätze wurden geschaffen, und so konnte mancher Umsiedler, manche entwurzelte Familie in Arbeit und Brot kommen und die Grundlage zu einer neuen Heimat schaffen. Augenblicklich arbeiten in der Fabrik gegen 150 Mann, die alle gewerkschaftlich organisiert sind.
An der Spitze der Betriebsgewerkschaftsleitung seht Hans Schirmer, der zwar kein gelernter Porzelliner, aber seit vielen Jahren in dieser Branche beschäftigt ist. Seit 1937 ist er in der Porzellanfabrik Kalk. Zuerst als Hofarbeiter, später im Brennhaus beschäftigt, kam er kurz vor dem Kriege in die Tischlerei, die er in seiner Jugend erlernt hat. Später war er bald im Brennhaus, bald auf dem Glühboden tätig, ganz wie es die Umstände erforderten, und heute ist er nun wieder in seiner Tischlerei gelandet.
Der 2. Vorsitzende der BGL. ist Kurt Wußmann, der als Obermaler die Produktion der Firma stark beeinflußt. Er ist seit 1946 im Betrieb beschäftigt und hat die Malerei, die während des Krieges stillgelegt war, wieder auf die Höhe gebracht und erweitert.
Der Betriebsleiter der Fabrik ist Albrecht Ehlert, der Sohn des einstigen Geschäftsführers. Er hat eine gute und gründliche Ausbildung hinter sich, die ihn mit allen Aufgaben der Porzellanindustrie vertraut gemacht hat. Durch den Besuch der Staatlichen Fachschule für Porzellanindustrie in Selb hat er sich auch das theoretische Rüstzeug erworben, das ihn befähigt, den Betrieb mit Geschick und Sicherheit zu leiten und alle Ansprüche der aufstrebenden Fabrik zu erfüllen.
Die beiden Geschäftsführer Geyer und Dr. Körbitz aber machen heute noch ebenso wie vor 30 Jahren die Sorgen der Fabrik zu ihren eigenen und dienen in selbstloser Hingabe dem Werke, das ihre Väter schufen.
So vollendet die zweite Generation die Pläne und Hoffnungen der ersten, zu jedem Opfer und zu jedem Einsatz bereit.

Hans Schirmer, 1. Vors. der BLG.


Albrecht Ehlert, Betriebsleiter



Kurt Wußmann, 2. Vors. der BLG.
 
Malerei Ringen mußt du mit den Stoffen
und stark sie zwingen zur Gestaltung!

Fabrikationsprogramm und Absatz

Von Anfang an hat die Porzellanfabrik Kalk ihren ganzen Ehrgeiz in das Ziel gesteckt, ein gutes Gebrauchsporzellan herzustellen, das über dem Durchschnitt liegt und dabei doch zu erschwinglichen Preisen abgegeben werden kann. Wenn das in früheren Jahren auch nicht ganz erreicht werden konnte, so ist es doch in den letzten Jahrzehnten verwirklicht worden. Man braucht keine Konkurrenz zu fürchten und braucht sich auch vor anderen Fabrikanten nicht zu verstecken. So wurde schon in der Besprechung der Industrieschau am Ende der zwanziger Jahre von der Presse lobend hervorgehoben: „Die Porzellanfabrik Kalk G. m. b. H. zeigte formschöne und geschmackvolle weiße und dekorierte Gebrauchsgeschirre. Spezialität: Indischblau“.
Ja diese Blauunterglasurmalerei hat die große Liebe des Unternehmens in den vergangenen 50 Jahren gegolten. Neben dem Stroh- und Zwiebelmuster wurden noch besondere Unterglasurdekore für den nordischen und speziell für den dänischen Markt hergestellt. Seit Ende 1946 wurde auch auf Aufglasurmalerei Wert gelegt. Auch diese Fabrikation hat sich gut eingeführt und soll in der Folgezeit nicht wieder vernachlässigt werden.
In der Hauptsache wurde bisher Kaffeegeschirr produziert, während Tafelgeschirr nur nebenbei angefertigt wurde. Die Fabrik wurd aber in Zukunft dem Tafelgeschirr ein besonderes Interesse zuwenden, um der großen Nachfrage und dem dringenden Bedürfnis entsprechen zu können.
Wenn heute die Zonengrenzen unser deutsches Vaterland zerreißen und dem Binnenhandel schwere Ketten anlegen, wenn die einstige Kundschaft in Nord- und Westdeutschland abgeschnitten ist, so ist das tief bedauerlich. Aber der Export in die Sowjetunion, nach Holland und Dänemark bringt genügend Aufträge. Dank der Leipziger Messe wird wohl auch bald das Exportgeschäft mit Schweden und verschiedenen anderen Ländern wieder aufgenommen werden können.
Im Inlandsmarkt befriedigt die Fabrik in der Hauptsache die Wünsche der HO und der Konsumgenossenschaft.
Über Auftragsmangel kann also nicht geklagt werden. Auf der anderen Seite sorgen die staatlichen Planungsstellen für die Bereitstellung der Rohstoffe, so daß man hoffungsvoll in die Zukunft blicken kann. Von maßgeblichen Stellen ist auch wiederholt anerkennt worden, daß die vier Eisenberger Porzellanfabriken einen wichtigen Faktor beim heutigen Wiederaufbau darstellen. Diese Wichtigkeit ist auch dadurch unterstrichen worden, daß die Fabriken sehr zeitig unter den Befehl 234 gestellt wurden.
Wenn der Handel mit den einstigen Geschäftsfreunden gegenwärtig auch fast ruht, so ist es doch ein Gebot der Dankbarkeit, ihre Namen in der Geschichte der Fabrik zu nennen. Welche Entwicklung würde die Porzellanfabrik Kalk wohl genommen haben, wenn diese Männer nicht gewesen wären?
Sie waren der Motor, der die Produktion maßgeblich bestimmte. Sie waren der finanzielle Rückhalt des Unternehmens, und sie waren in den Stunden der Not treue Freunde.
MM In den Bezirken Rheinland und Westfalen wurde seit 1900 die Fabrik von der Firma Vogt & Geyer in Köln und seit 1932 von Gotthard Lattreuter vertreten, der bereits 1906 zu den treuesten Kunden der Firma zählte. In Norddeutschland und Niedersachsen nahmen die Interessen seit 1900 J. Schnelling, Hannover, seit 1904 Albert Kramm, Hannover und nach dessen 1946 erfolgtem Ableben sein Sohn Hans Kramm, Hannover, wahr. Die Verbindung mit den nordischen Ländern hielt bis zu seinem 86. Lebensjahr Nikolaus Schmidt in Neumünster (Holstein) aufrecht, er erfreute sich bei der Kundschaft bis in sein hohes Alter außerordentlicher Beliebtheit. In Belgien war die Firma J. B. Arlet, Brüssel und in Frankreich die Firma J. Renoise & Co. in Paris Vermittler. Sie alle sind am Aufstieg der Firma nicht unbeteiligt und darum sei ihrer anerkennend und dankbar gedacht.
Ein Ring bin ich in großer Kette
der Zukunft, der Vergangenheit

Vergangenheit und Zukunft

Was die Fabrik seit ihrem Bestehen geworden ist, verdankt sie einmal der Initiative ihrer Geschäftsführer, zum anderen der schöpferischen Arbeit ihres technischen Personals und nicht zuletzt dem Fleiße und der Treue ihrer Arbeiter und Angestellten. In guten Tagen, aber auch in Notzeiten haben sich alle in gemeinsamer Arbeit die Hand gereicht. So ist das Werk, das in mühevoller Kleinarbeit entstand, nicht das Werk eines einzelnen Mannes. Zwei Generationen haben an ihm geschaffen. Mancher Tropfen Schweiß ist geflossen, manche Hoffnung zu grabe getragen worden, aber auch manche Freude von ihm ausgegangen. Was so erkämpft und umrungen wurde, bindet die Herzen fester. Was unter so schweren Umständen behauptet und verteidigt wurde, verdient die Liebe aller, berechtigt aber auch zu einem Gefühl des Stolzes und der Freude.
Dank gebührt allen Mitarbeitern, den lebenden und toten, Dank aber gebührt vor allem den Jubilaren, die durch ihre langjährige Treue sich besonders verdient gemacht haben. Die Fabrik wird ihrer nicht vergessen !

Die Jubilare des Betriebes sind:
Dietzel Karl Obermaler 42 Jahre   in der Fabrk
tätig
Schmidt Willi Vorbrenner 34    „
Klinger Frieda Garniererin 30    „
Maibaum Kurt Scharfbrenner 29    „
Kleinsteuber Ida Blaumalerin 29    „
Schuster Otto Prokurist 29    „
Kaiser Ernst Formträger 27    „
Busch Fritz Schmelzer 27    „
Liedl Alfred Formgießer 25    „

Jubilare im Ruhestand sind:
Kötteritzsch Hedwig Dreherin 35 Jahre   in der Fabrk
tätig gewesen
Kuhn Franz Einrichter    „
Rabenstein Frieda Dreherin    „
Dwernicki Martha     „    „
Lilie Anna     „ 28    „
Preller geb. Jung Olga Gießerin 28    „
Rathmann Josef Packer 27    „

Was aber wird die Zukunft bringen, in die zu blicken uns Menschen verwehrt ist? Was sie auch bringen mag, wir werden unsere Pflicht tun; denn durch unsere Arbeit helfen wir alle mit — ganz gleich an welchem Platz wir stehen, — daß der Leidensweg unseres Volkes verkürzt wird, wir helfen daran, daß ein einiges Deutschland entsteht, dem man nicht länger den Frieden und die Anerkennung vorenthalten darf. Dann aber wird auch für alle in der Fabrik Beschäftigten der Arbeitsplatz gesichert sein. Für alle Zeit, denn was wir mit unserem Fleiße in unserem Werke schaffen, dient nicht dem Kriege, sondern dem Frieden, der Hebung des Lebensstandards und einer lichteren und froheren Zukunft für uns und unsere Kinder.


Malerei
       Malerei
 
Mitarbeiterfoto von 1949
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Zeichnungen: Atelier Herbert Meyerhuber, Jena • Druck: Hellas-Druck Rudolf Petri, Jena
 

Quellennachweis/Zitation

Quelle

Dekorbilder und Markenbilder: Eigenes Archiv.
 

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©  2010  – 
by Günther Schleu
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