Die erste Spur für eine Porzellanproduktion in
Kalk findet sich im Kölner Adressbuch von 1857, in dem sich unter der Rubrik „Firmen im Cölner Umland“ der Eintrag „Ducrot, Andreas, Porzellanfabrikant in
Kalk“ ebenso findet wie „Ducrot et Guidon, Fabrik feuerfester Steine“. 1859 erscheint „Ducrot, Alcide, Handlung in Porzellan und feuerfesten Steinen von
Kalk“. Danach ist kein Eintrag der Firma Ducrot mehr zu finden. Vielleicht meinte Danckert mit seiner für das Jahr 1867 angenommenen, in Köln und Umgebung aber in dieser Zeit nicht auffindbaren Fabrik von „Ducrot und Th. Olbers jr.“
92 die genannte von Ducrot – die allerdings zehn Jahre früher existierte. Vielleicht verwechselte er sie auch mit der sehr traditionsreichen Porzellanhandlung der Familie Olbertz, die „Am Hof“ bzw. „Unter Taschenmacher“ auch eine Meissener Niederlage betrieb und später zusätzlich Porzellanmalerei und Vergoldung anbot.
Leider wissen wir nicht mehr über die Fabrik von Ducrot, und die Statistiken der Jahre 1858 und 1861 nennen sie nicht
93, so dass wir annehmen können, dass sie nach 1857 nicht mehr existierte. Wann sie ihren Betrieb aufnahm ist ebenso unklar wie die Palette ihrer Produktion, aus der anscheinend nichts überliefert ist.
Kaffeekanne
Kalk, Köln, vor 1900
Marke: Gemalte blaue Pfeilmarke
Porzellan; handgemaltes blaues Strohblumen-Dekor; Höhe: 23,5 cm
Kölnisches Stadtmuseum KSM 1989/965 a
Das Modell der nebenstehenden Kanne war 1907 Gegenstand eines Rechtsstreits zwischen der Aktiengesellschaft »Aluminia« als Eigentümerin der königlichen Porzellanfabrik (DK) und der Porzellanfabrik »
Kalk« G.m.b.H. in
Eisenberg (S.-A.), in wie weit hier das Künstlerschutzrecht durch Nachahmung verletzt ist und wurde demnach von Professor Arnold Krog um 1905 entworfen. Die im Buch vorgenommene Altersdatierungsangabe entspricht somit der Einschätzung zur Form durch den/die Autor/en, jedoch nicht einer Tatsache.
Siehe auch:
Höchstrichterliches Urteil
Zeitungsnotiz dazu
Das erste gesicherte Kalker Porzellan dürfte in der Porzellanfabrik von Gottfried Eickel produziert worden sein, die von 1875 bis 1877 in Kölner Adressbüchern genannt wird. Doch schon im Jahr 1873 findet sich im „Verzeichnis der gewerblichen Etablissements im Landkreis Köln – Bürgermeisterei Kalk“ unter dem Eintrag „Porzellanfabrik von Eickel, Gottfr.“ die Information, dass diese Fabrik 31 Personen beschäftige94. Eickel produzierte zunächst auf der Hauptstraße 71, 1876 und 1877 ist er auf der Hauptstraße 73 verzeichnet95.
Es folgt eine Lücke von acht Jahren, dann erscheint 1885 der Eintrag „Kölner Porzellanmanufactur von Müller & Cremers“, wieder auf der Hauptstraße 73. Über das Zwischenstadium der Aktiengesellschaft, die aber schnell liquidiert wurde (1891-93), entstand 1894 die „Porzellanfabrik Kalk GmbH“ auf der Hauptstraße 73, später 87-97, deren Geschäftsführer Wilhelm von Recklinghausen jr,96 und Georges Faist waren. 1895 firmiert die Fabrik als „Porzellanfabrik Kalk G.A. Seiffert“, seit 1897 treten als Firmeninhaber Gustav Schwabe und Wilhelm Vogt auf, die das Unternehmen bis 1900 leiteten. Heinrich Bützler schreibt in seiner „Geschichte von Kalk und Umgebung“, über die Porzellanfabrik, dass es bei Nordwind häufig vorgekommen sei, „dass die schwarzen Rauchschwaden ihres großen Brennofens die untere Hauptstraße in undurchdringliche Finsternis hüllten“97 - vielleicht war die Unzufriedenheit der Anwohner mit diesem Zustand ja ein Grund für den Umzug der Fabrik nach Thüringen.
Röntgen macht es sich leicht und nennt in seinem neuen Marken-Lexikon unter dem Stichwort „Köln-Kalk“ die „Porzellanfabrik Kalk G.A. Seiffert“ für die Jahre 1863 bis 190598, ungeachtet der Tatsache, dass die Fabrik nur zwischen 1895 und 1897 „Seiffert“ hieß und Kalk schon 1900 endgültig verließ.
Schale
Kalk, Köln, vor 1900
Marke: Gemalte blaue Pfeilmarke
Porzellan; handgemaltes blaues Strohblumen-Dekor; O/: 24 cm
Kölnisches Stadtmuseum KSM 1989/977,1
Seitens der Scherbenform handelt es sich hierbei wohl eher um eine rundliche Platte mit durchbrochenen Handhaben, festoniertem Rand und mit dem Oberflächenmerkmal Gebrochener Stab ausgeführt, beispielsweise zum Servieren von Kuchen, als um eine Schale. Diese Form ist bis ca. 1928 für Eisenberg nachgewiesen.
Am 1. Januar 1900 wurde ein Gesellschaftsvertrag zwischen der Steingutfabrik Geyer & Körbitz und den Besitzern der Kalker Porzellanfabrik, Gustav Schwabe und Wilhelm Vogt, geschlossen, mit dem die „Porzellanfabrik Kalk GmbH“ in Eisenberg gegründet wurde. Man produzierte dann in Eisenberg mit Hilfe vieler aus der Kalker Fabrik stammender Facharbeiter „Porzellanwaren aller Art“ und war damit so erfolgreich, dass man die Belegschaft von anfangs 80 Beschäftigten bis auf über 300 steigern konnte (1910). Unter der Leitung des Kalker Buchhalters Karl Ehlert, der 1905, nach dem Ausscheiden Geyers und Schwabes, neuer Geschäftsführer wurde, nahm das Unternehmen einen rasanten Aufstieg. Gustav Schwabe übernahm unterdessen die Leitung der Porzellanfabrik in Reichenbach und findet sich 1907 im Kölner Adress-Buch mit einer Niederlage auf der Brabanter Straße 23. Auch die Porzellanfabrik Kalk unterhielt eine Kölner Niederlage, zunächst am Kattenbug, dann auf der Komödienstraße 14, was vielleicht erklärt, warum auch heute noch relativ viel Kalker Porzellan im Kölner Raum existiert.
Erst der Zweite Weltkrieg und seine Folgen bremsten den Aufstieg des Kalker Porzellans in Thüringen: 1965 schloss man sich mit dem Porzellanwerk Triptis zusammen, 1968 wurde das Porzellanwerk Kahla staatlicher Gesellschafter. Mehr oder weniger logisch folgten 1973 die Enteignung und 1976 die endgültige Schließung der Fabrik, mit der der letzte Ausläufer der Kölner Porzellanproduktion des 19. Jahrhunderts ein trauriges Ende fand.
Das Kölnische Stadtmuseum besitzt einige typische Stücke aus der Produktion der Porzellanfabrik Kalk; ob darunter auch Stücke aus der alten Kalker Produktion vor 1900 sind oder ob die Stücke allesamt in Eisenberg hergestellt wurden, ist nicht ganz klar.
Die Marke mit den gekreuzten Pfeilen taucht tatsächlich erst mit dem Umzug von Kalk nach Eisenberg in Thüringen auf – es liegt nahe anzunehmen, dass sie schon in Kalk benutzt und so wie der Name der Firma in Eisenberg weiter verwendet wurde99. Vor allem die handgemalte Pfeil-Marke, die sich auf den ältesten Stücken befindet (Abb. S. 48 und 62), könnten durchaus auch in Kalk angebracht worden sein. Das meistens verwendete typische blaue Strohblumen- und Zwiebelmuster-Dekor, das ein in der damaligen Zeit gern und häufig verwendetes Muster war, lässt genauere räumliche oder zeitliche Verortung ebenfalls nicht zu.
Seite: 72
Fußnoten:
92 Danckert, Ludwig: Handbuch des europäischen Porzellans, München 1984, S. 202.
93 HStAD LA Köln-Land 8-9 und 8-47.
94 HStAD Reg. Köln 2158:72/73.
95 1875 verzeichnet das Adressbuch auf der Hauptstraße 73 in Kalk „Duerotz, A.A., Porzellanfabr.“. Weitere Informationen über die Firma Duerotz gibt es nicht.
96 Ein Vorfahre Wilhelm von Recklinghausens hatte 1836 den Vorläuferbetrieb der Gebrüder Mehlem in Bonn aufgekauft und mit diesen weitergeführt; vgl. Weisser, Michael: Porzellan- und Steingutfabrik Ludwig Wessel Bonn-Poppelsdorf, Köln 1980, S. 16.
97 Bützler, Heinrich: Geschichte von Kalk und Umgebung, Köln 1910, S. 53.
98 Röntgen, Robert E.: Deutsche Porzellanmarken von 1701 bis heute, München 2000, S. 160 (vgl. Anm. 66: Röntgens Lexikon bietet insgesamt überhaupt wenig Neues und viel unvollständiges Altes.).
99 Genaue Datierungen wären nur mit chemisch/physikalischen Analyse-Verfahren zu erreichen, die allerdings sehr kostspielig sind.
Seite: 87
Die Porzellanmarken der
Porzellanfabrik Kalk GmbH |
Insgesamt zu ungenau, es fehlen auch mehrere
Kalker Porzellanmarken in der Liste. |
Marke
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Ort, Datierung
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In der Bestandsliste
aufgeführt als |
Kurze Bewertung
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(gemalt) |
Kalk, vor 1900 |
VIII
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Für eine Datierung sind die Angaben
ungeeignet. Eine Basis für diese zeitliche
Einschätzung ist nicht erkennbar. |
(gemalt) |
Kalk, vor 1900 |
X
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Die in blau unter Glasur handgemalten gekreutzen
Pfeile wurden sicher von 1900 bis 1925 in
Eisenberg zur Kennzeichnung verwendet.
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(Stempel) |
Kalk, ab 1896
Eisenberg, nach 1900 |
IV
|
Gestempelte gekreuzte Pfeile
sind erst seit 1925 sicher nachweisbar.
|
(Stempel) |
Eisenberg, nach 1900 |
VI
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Entsprechend anders lautende Angaben sind
i.d.R. von Porzellanmarkennachschlagewerken
abgeschrieben und nicht selbständig
recherchiert. |
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Eisenberg, nach 1900 |
V
|
Die Angabe ist unbrauchbar und nicht
belegbar durch Porzellanstücke. Sicher belegbar
ist nur 1930 plus/minus einige Jahre.
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Eisenberg, 1900 - 1950 |
I
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Falsch großes Zeitfenster,
sicher nach Sept. 1939 bis 1947
(bzw. max. 1949).
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Eisenberg, 1910 - 1950 |
II
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Fraglich großes Zeitfenster,
sicher nach 1918 bis spätestens 1927.
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Eisenberg, 1927 - 1950 |
VII
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Fraglich großes Zeitfenster,
sicher 1927 bis 1939.
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Eisenberg, nach 1950 |
III
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Es gab drei ähnliche Marken. Die
Datierung ist hier nicht sehr einfach.
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Eisenberg, vor 1900 |
IX
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Richtig wäre: Steingutmarke. Zuordnung zu
Geyer, Koerbitz & Co. 1888 bis 1900.
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