Porzellanfabrik Kalk in Eisenberg/Thüringen • Firmengeschichte • Hamburger Nachrichten (2. Morgenausgabe) vom 13. Juni 1907, Seite 5, Kleines Feuilleton: Prozess um eine Kaffeekanne

Informationen

Hamburger Nachrichten, 13. Juni 1907: Seite 5
J. [Prozeß um eine Kaffeekanne.] Aus Kopenhagen wird uns von unſerem dortigen Mitarbeiter geſchrieben: Die Porzellanfabrik „Kalk“ in Eiſenberg in Sachſen hat ein Porzellanſervice fabriziert, daß in hohem Grade dem bekannten Porzellanſervice der Königlichen Porzellanfabrik in Kopenhagen gleicht, wenn es auch nicht direkt als eine Imitation bezeichnet werden kann. Dieſes deutſche Porzellan wurde nach Dänemark eingeführt und von Kopenhagener Händlern, die das Warenzeichen der Fabrik „Kalk“ mit dem Preiszettel überklebten, als däniſches Porzellan verkauft, natürlich ohne Willen und Wiſſen der deutſchen Fabrik. Die Aktiengeſellſchaft „Aluminia“, die Beſitzerin der Königlichen Porzellanmanufaktur iſt, glaubte, daß ſie ein Eigentumsrecht an dem von Profeſſor Arnold Krog gezeichneten und modellierten Service habe, und ſtrengte gegen die Fabrik „Kalk“ einen Prozeß an, der ſich aber nach übereinkunft beider Parteien nur um eine Kaffeekanne drehen ſollte. Eine Erklärung der Königlichen Akademie für die ſchönen Künſte betonte, daß die nach Profeſſor Krogs Modellen hergeſtellten Porzellangegenſtände, darunter die in Frage kommende Kaffeekanne, mit einem ſolchen künſtleriſchen Feingefühl ausgeführt ſeien, daß ſie als Kunſtwerke zu betrachten ſeien und unter das Geſetz vom 19. Dezember 1902 über die Beſchützung des Verfaſſer- und Künſtlerrechts fallen müßten. Das Kopenhagener Obergericht kam zu dem Ergebnis, daß Krogs Modell original ſei, was von dem Vertreter der deutſchen Fabrik beſtritten worden war, und daß angenommen werden müſſe, dass dieſes Modell bei der Herſtellung der von der Fabrik „Kalk“ auch in Dänemark eingeführten Kaffeekanne benutzt und nachgeahmt worden ſei. Das Obergericht fand es indeſſen bedenklich, den Schutz des Geſetzes vom 19. Dezember 1902 auf Induſtriegegenſtände auszudehnen, deren Herſtellung, wenn auch unter künſtleriſcher Beihilfe, zu praktiſchem Gebrauch ſtattfind und für Maſſenproduktion beſtimmt ſei. Das Obergericht ſprach daher die deutſche Fabrik frei, und die letzte Inſtanz, das däniſche „Höchſte Gericht“ hat jetzt dieſes Urteil beſtätigt. Wahrſcheinlich wird dieſes Urteil den Anſtoß dazu geben, daß im däniſchen Reichstag ein Geſetz eingebracht wird, durch das die Kunſtinduſtrie ebenſo wie in Deutſchland gegen Nachahmungen geſchützt wird.
 

Quellennachweis/Zitation

Quelle

Hamburger Nachrichten, 13. Juni 1907. Bitte beachten: Keine Haftung für Inhalte fremder Internetseiten
Seitenauszug: kl. Feuilleton
 

Zitation

 
 
 
©  2018  – 
by Günther Schleu
Zuletzt aktualisiert:
Hier abgebildete Geschirrteile und Firmen­unterlagen stehen derzeit nicht zum Verkauf oder Tausch.